Grundlagen der Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Hannover hat am 23. September 2025 mit dem Urteil Az. 7 A 4883/23 die Klage eines Bürgers gegen die Umrüstung von 14 Ampelanlagen an drei Standorten in Hildesheim abgewiesen. Der Kläger hatte sich gegen die Installation sogenannter Vielfaltsampeln gewandt, die durch die Abbildung unterschiedlicher Paarkonstellationen – Mann-Frau, Frau-Frau und Mann-Mann – gesellschaftliche Diversität sichtbar machen sollen.
Das Gericht ordnete das Verfahren als allgemeine Leistungsklage ein. Bei dieser Art der Klage muss der Kläger darlegen, dass er möglicherweise in eigenen Rechten verletzt wurde. Das Gericht stellte jedoch fest, dass eine solche Möglichkeit nicht gegeben sei, weshalb die Klage bereits als unzulässig abgewiesen wurde.
Prüfung der Grundrechte
Der Kläger hatte vorgebracht, er werde durch die Ampeldarstellungen in seinen Grundrechten verletzt. Er berief sich auf das Gleichheitsgebot aus Artikel 3 Absatz 1 sowie Absatz 3 des Grundgesetzes, die sexuelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 sowie das Erziehungsrecht aus Artikel 6 Absatz 2. Das Gericht verneinte jedoch in allen Punkten einen Eingriff.
Nach Auffassung der Richterinnen und Richter wird keine Ungleichbehandlung vorgenommen, da die Darstellungen sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Paare umfassen und somit unterschiedliche Lebensrealitäten abbilden. Auch sei die sexuelle Selbstbestimmung nicht betroffen, da die Ampelzeichen keinerlei Rechte und Pflichten über den Regelungsgehalt der Straßenverkehrsordnung hinaus begründeten. Schließlich seien auch Erziehungsrechte nicht verletzt. Kinder seien unabhängig von der Symbolik auf Verkehrsampeln mit gesellschaftlicher Vielfalt konfrontiert, die Teil der sozialen Realität sei.
Bedeutung der Straßenverkehrsordnung
Ein weiterer Einwand des Klägers bezog sich auf die Straßenverkehrsordnung. Hierbei betonte das Verwaltungsgericht, dass die einschlägigen Regelungen keine sogenannte drittschützende Wirkung entfalten. Das bedeutet, dass sie nicht dem persönlichen Schutz einzelner Verkehrsteilnehmer dienen, sondern allein der allgemeinen Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr. Der Bürger konnte daher keine individuellen Rechte aus der Straßenverkehrsordnung für sein Klageziel ableiten.
Auch der Versuch, eine Überdehnung der geltenden Verkehrszeichenregelungen geltend zu machen, schlug fehl. Denn solange die Grundfunktion der Ampeln – das sichere Regeln des Straßenverkehrs – gewährleistet ist, besteht kein rechtlicher Anspruch auf ein bestimmtes Aussehen der Symbole.
Einordnung und Ausblick
Das Urteil verdeutlicht erneut, dass Gerichte bei kommunalen Maßnahmen zur Gestaltung des öffentlichen Raums einen weiten Ermessensspielraum anerkennen. Gerade symbolische Maßnahmen, die gesellschaftliche Vielfalt sichtbar machen, fallen nach Auffassung der Verwaltungsgerichte nicht unter einklagbare subjektive Rechte einzelner Bürgerinnen und Bürger. Für Städte bedeutet dies eine größere Rechtssicherheit, wenn sie bei der Gestaltung städtischer Infrastruktur Aspekte der Sichtbarkeit und Inklusion berücksichtigen. Der Kläger hat die Möglichkeit, beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen, sodass die endgültige Entscheidung noch nicht feststeht.
Für Unternehmen lässt sich aus dem Fall eine zentrale Erkenntnis übertragen: Rechtsvorschriften bieten nur dann eine Grundlage für die Klage einzelner, wenn ihnen ein besonderer individueller Schutzcharakter innewohnt. In vielen Fällen – sei es im Steuerrecht, Verwaltungsrecht oder im unternehmerischen Regulierungsumfeld – ist zu prüfen, ob eine Norm lediglich allgemeine Interessen schützt oder ob auch subjektive Rechte betroffen sind. Dies ist insbesondere für Unternehmen im Gesundheitswesen, im Einzelhandel oder in der digitalen Wirtschaft von Bedeutung, da sich Bau- und Regulierungsfragen oftmals unmittelbar auf die Geschäftstätigkeit auswirken.
Fazit: Symbolische Maßnahmen der öffentlichen Hand sind rechtlich schwer anzugreifen, wenn sie nicht in konkrete, individuelle Rechtspositionen eingreifen. Für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet dies, dass rechtliche Anfechtungen gegen kommunale Regelungen nur dann durchsetzbar sind, wenn klare persönliche Betroffenheit nachgewiesen werden kann. Als Kanzlei begleiten wir Unternehmen jeder Größe von der rechtlichen Prüfung bis hin zur Optimierung ihrer internen Prozesse. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der Digitalisierung der Buchhaltung und der Prozessoptimierung, durch die wir für unsere Mandanten erhebliche Kostenvorteile und Effizienzsteigerungen ermöglichen.
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