Einleitung und rechtlicher Hintergrund
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder ein neues Informationsblatt zur praktischen Anwendung des § 4 Nummer 22 Buchstabe a Umsatzsteuergesetz herausgegeben. Diese Vorschrift regelt die Umsatzsteuerbefreiung für bestimmte Bildungs- und Fortbildungsleistungen. Das Schreiben fasst die bislang in Verwaltung und Rechtsprechung gewonnenen Erkenntnisse zusammen und schafft damit eine bundesweit einheitliche Grundlage für die umsatzsteuerliche Behandlung entsprechender Tätigkeiten.
§ 4 Nummer 22 Umsatzsteuergesetz dient dazu, Vorträge, Kurse und ähnliche Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art von der Umsatzsteuer zu befreien, sofern sie einem allgemein bildenden oder beruflichen Zweck dienen. Nicht begünstigt sind hingegen Leistungen, die der Erziehung oder schulischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen vorbehalten sind oder die rein unterhaltenden Charakter haben. Das aktuelle Informationsblatt konkretisiert, wann eine Leistung als begünstigt gilt und liefert damit klare Abgrenzungskriterien für Bildungseinrichtungen, Unternehmen und Vereine, die solche Veranstaltungen anbieten.
Praktische Bedeutung für Unternehmen und Bildungseinrichtungen
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die Schulungen, Seminare oder Fachvorträge anbieten, ist die neue Verwaltungsanweisung von erheblicher Bedeutung. Gerade Dienstleistungsbetriebe, IT-Unternehmen, Pflegeeinrichtungen oder Bildungsträger, die regelmäßig Lehrveranstaltungen durchführen, stehen vor der Frage, ob ihre Angebote der Umsatzsteuer unterliegen. Das Informationsblatt stellt klar, dass eine Steuerbefreiung nur dann möglich ist, wenn die Veranstaltung wissenschaftlicher oder belehrender Art ist und keinem rein werblichen oder kommerziellen Zweck dient. Zudem muss der Veranstalter eine gewisse institutionelle Ausstattung oder inhaltliche Qualifikation nachweisen können, um als Träger wissenschaftlicher oder belehrender Veranstaltungen anerkannt zu werden.
Für die Praxis bedeutet dies: Ein Unternehmen, das interne Schulungen an eigene Mitarbeitende richtet, bleibt umsatzsteuerpflichtig, wenn die Schulung primär der Verbesserung der eigenen Geschäftsprozesse dient. Werden jedoch Kurse angeboten, die auf allgemein anerkannte berufliche Qualifikationen abzielen oder eine Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnisse verfolgen, kann eine Umsatzsteuerbefreiung in Betracht kommen. Entscheidend ist somit stets der inhaltliche Schwerpunkt und die fachliche Zielrichtung der jeweiligen Veranstaltung.
Abgrenzungskriterien und Nachweispflichten
Die Finanzverwaltung betont in ihrem aktuellen Erlass, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 22 Umsatzsteuergesetz eine eng auszulegende Ausnahme darstellt. Sie darf nicht pauschal auf jede Art von Schulung angewendet werden. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Kurs oder Vortrag in erster Linie Wissen vermittelt und nicht der Unterhaltung oder Selbstdarstellung dient. Als weitere Bedingung sieht das Schreiben vor, dass zwischen Veranstaltungsinhalt und Bildungszweck ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen muss. Für Pflegeeinrichtungen könnte beispielsweise eine fachbezogene Fortbildung zur Wundversorgung begünstigt sein, während ein Motivationstraining für Pflegekräfte regelmäßig steuerpflichtig bleibt.
Unternehmen sollten darüber hinaus beachten, dass die Nachweispflicht für die Steuerbefreiung beim Veranstalter liegt. Das bedeutet, dass sowohl die Art der Veranstaltung als auch deren Teilnehmerkreis und Zielsetzung dokumentiert werden müssen. Empfehlenswert ist es, in der Buchführung eindeutige Unterlagen wie Ausschreibungen, Teilnehmerlisten und Inhaltsbeschreibungen aufzubewahren, um im Prüfungsfall den Charakter der Veranstaltung belegen zu können. Auch wenn das Informationsblatt keine neuen rechtlichen Pflichten schafft, sorgt es doch für mehr Transparenz bei der Auslegung der bestehenden Norm und erhöht die Rechtssicherheit insbesondere in Branchen mit regelmäßigem Schulungs- und Seminarbetrieb.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Veröffentlichung des Informationsblattes zum § 4 Nummer 22 Umsatzsteuergesetz ist ein bedeutender Schritt zur Vereinheitlichung der umsatzsteuerlichen Praxis in Bezug auf Bildungs- und Schulungsleistungen. Für Unternehmen, Bildungsträger und Dienstleister eröffnet sie die Chance, ihre Tätigkeit steuerlich korrekt und effizient zu gestalten. Gleichzeitig macht die Finanzverwaltung deutlich, dass sorgfältige Prüfung und Dokumentation unerlässlich sind, um die Steuerbefreiung erfolgreich geltend zu machen. Mittelständische Betriebe sollten die Inhalte des Schreibens genau analysieren und gegebenenfalls ihre Kursbeschreibungen sowie internen Abrechnungsprozesse anpassen.
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