Unrichtiger Steuerausweis und seine Bedeutung für Unternehmer
In der Praxis kann es immer wieder vorkommen, dass Rechnungen mit einem unrichtigen Steuerausweis erstellt werden. Ein unrichtiger Steuerausweis liegt vor, wenn eine Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, der höher ist als der gesetzlich geschuldete Betrag. Nach § 14c Umsatzsteuergesetz entsteht in solchen Fällen grundsätzlich eine Steuerschuld in der ausgewiesenen Höhe, unabhängig davon, ob der Umsatz tatsächlich der Steuer unterliegt. Für Unternehmen jeder Größe – vom mittelständischen Betrieb über Onlinehändler bis hin zu Dienstleistungsunternehmen – kann dies erhebliche finanzielle Folgen haben, da die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen ist, selbst wenn dem Empfänger kein entsprechender Vorsteuerabzug zusteht.
Mit Urteil vom 9. Juli 2025 (Az. XI R 25/23) hat der Bundesfinanzhof nunmehr klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine solche fehlerhafte Rechnung berichtigt werden kann und zu welchem Zeitpunkt diese Berichtigung wirkt. Die Entscheidung präzisiert insbesondere den Zusammenhang zwischen der Beseitigung einer Gefährdung des Steueraufkommens und der Möglichkeit, den unrichtigen Steuerausweis zu korrigieren.
Kernaussagen und praktische Konsequenzen des Urteils
Der Bundesfinanzhof stellte zunächst heraus, dass eine Berichtigung des unrichtigen Steuerausweises nur dann möglich ist, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist. Der Begriff der Gefährdung des Steueraufkommens beschreibt die Situation, in der ein Empfänger der Rechnung den zu Unrecht ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen könnte. Ist dies ausgeschlossen – etwa, weil der Empfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder weil er die Rechnung bereits korrigiert zurückgewiesen hat –, liegt keine Gefährdung mehr vor. In einem solchen Fall kommt § 14c Umsatzsteuergesetz nicht zur Anwendung.
Damit knüpft die Wirkung der Rechnungsberichtigung an einen klar definierten Zeitpunkt an: Die Berichtigung entfaltet steuerliche Wirkung ab dem Moment, in dem keine Gefährdung des Steueraufkommens mehr besteht. Der Berichtigungszeitpunkt ist also nicht zwingend der Tag der Ausstellung der korrigierten Rechnung, sondern jener Moment, ab dem die objektive Gefährdungssituation beseitigt ist. Dies kann etwa dann eintreten, wenn der Empfänger bestätigt, keine Vorsteuer mehr aus der ursprünglichen Rechnung ziehen zu wollen.
Besonders praxisrelevant ist, dass die Berichtigung auch durch Dritte erfolgen darf, die mit der Prüfung der Rechnung beauftragt wurden – etwa Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder interne Buchhaltungsprüfstellen. Voraussetzung ist, dass sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger die inhaltliche Richtigstellung anerkennen. Damit erweitert der Bundesfinanzhof die Möglichkeiten, fehlerhafte Rechnungen effizient zu berichtigen und administrative Abläufe zu vereinfachen.
Verhältnis zu Entgeltminderungen und anderen Korrekturvorschriften
Die Entscheidung verdeutlicht außerdem die Abgrenzung zu anderen Berichtigungstatbeständen. So betonte der Bundesfinanzhof, dass eine Berichtigung wegen einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Umsatzsteuergesetz nicht zwingend von einer formellen Rechnungsberichtigung abhängig ist. Die Vorschrift des § 17 greift immer dann, wenn sich die Gegenleistung später verringert oder erhöht – etwa bei Preisnachlässen, Rücksendungen oder Vertragsstornierungen. Demgegenüber betrifft § 14c ausschließlich den Fall des unrichtigen Steuerausweises, der unabhängig von einer tatsächlichen Leistung oder Entgeltsänderung zu einer Steuerpflicht führt.
Für Unternehmen bedeutet das, dass in der Praxis zwei voneinander unabhängige Korrekturwege bestehen können. Eine Entgeltminderung kann bereits umsatzsteuerlich berücksichtigt werden, ohne dass eine korrigierte Rechnung vorliegt, sofern die Voraussetzungen des § 17 erfüllt sind. Umgekehrt setzt eine Berichtigung nach § 14c eine aktive Korrektur des Rechnungsdokuments und die Beseitigung der Gefährdungslage voraus. Damit wird der Grundsatz der Rechtssicherheit für alle Beteiligten gestärkt: Unternehmen haben ein klares Raster, wann und in welchem Umfang sie Korrekturen vornehmen dürfen.
Praxisfolgen und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist für die betriebliche Praxis von erheblicher Bedeutung. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Rechnungen oft selbst oder mithilfe von Standardsoftware erstellen, sollten ihre internen Abläufe hinsichtlich der Rechnungsprüfung und -korrektur kritisch überprüfen. Denn ein formaler Fehler im Umsatzsteuerausweis kann zu einem ungewollten Steuerabfluss führen, selbst wenn der zugrunde liegende Umsatz gar nicht steuerpflichtig ist. Eine ordnungsgemäße Dokumentation der Rechnungsprüfung, verbunden mit eindeutigen Kommunikationswegen zwischen Aussteller und Empfänger, schafft hier Rechtssicherheit und reduziert Haftungsrisiken. Zudem kann die Einbindung eines externen Prüfers, etwa im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung oder steuerlichen Beratung, dabei helfen, fehlerhafte Rechnungen frühzeitig zu identifizieren und im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu berichtigen.
Für alle Unternehmen, die regelmäßig mit komplexen Rechnungsprozessen zu tun haben, empfiehlt es sich, digitale Prüfmechanismen und Automatisierungen einzusetzen. Moderne Buchhaltungssoftware kann durch algorithmische Prüfungen fehlerhafte Steuerausweise bereits vor dem Versand einer Rechnung erkennen. Die Integration solcher Systeme in das bestehende Rechnungswesen bietet nicht nur einen erheblichen Zeitvorteil, sondern verringert auch das Risiko steuerlicher Korrekturprozesse und der damit verbundenen Unsicherheiten.
Fazit: Sicherheit durch klare Prozesse und Digitalisierung
Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Juli 2025 schafft konkrete Orientierung für die steuerliche Behandlung unrichtiger Steuerausweise und ihre Berichtigung. Entscheidend ist dabei die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens als maßgeblicher Zeitpunkt für die steuerliche Wirksamkeit der Korrektur. Unternehmerinnen und Unternehmer sind damit gehalten, ihre Rechnungs- und Freigabeverfahren so zu gestalten, dass sie eine schnelle und rechtssichere Berichtigung ermöglichen. Eine enge Abstimmung zwischen Buchhaltung, Steuerberatung und gegebenenfalls externen Prüfinstanzen stellt sicher, dass Steuerpflichten präzise erfüllt werden und unnötige Zahlungsverpflichtungen vermieden bleiben.
Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen umfassend in der Optimierung ihrer Buchhaltungsprozesse und in der digitalen Transformation. Wir zeigen auf, wie sich mit strukturierten Abläufen und maßgeschneiderten Softwarelösungen erhebliche Kosten- und Zeitersparnisse erzielen lassen – und zugleich die steuerliche Compliance dauerhaft gewährleistet wird.
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