Neue Vorgaben zur umsatzsteuerlichen Bewertung des Direktverbrauchs
Mit dem aktuellen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Dezember 2025 (Az. III C 2 - S 7124/00010/002/173) wurde die umsatzsteuerliche Behandlung des sogenannten Direktverbrauchs aus dem Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung angepasst. Diese Änderung betrifft insbesondere Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaik- und Blockheizkraftwerksanlagen, die erzeugte Energie selbst verbrauchen, anstatt sie vollständig in das öffentliche Netz einzuspeisen. Damit wird eine Vereinfachungsregelung eingeführt, die auf eine praxistaugliche und rechtssichere Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer abzielt.
Unter dem Begriff des Direktverbrauchs versteht man den Verbrauch der in einer Anlage erzeugten Energie – also Strom oder Wärme – im eigenen Unternehmen, ohne dass es zu einem gesonderten Verkauf an Dritte kommt. Umsatzsteuerlich gilt dieser Eigenverbrauch als sogenannte unentgeltliche Wertabgabe nach dem Umsatzsteuergesetz, womit eine fiktive Lieferung angenommen und entsprechend der Umsatzsteuer unterworfen wird.
3 Cent pro Kilowattstunde als fiktive Bemessungsgrundlage
Bislang sah der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vor, dass die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wärmeabgabe nach den durchschnittlichen Fernwärmepreisen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu schätzen sei. Da diese Daten künftig nicht mehr veröffentlicht werden, fehlte Unternehmenden bisher eine einheitliche Grundlage zur Bewertung. Das Finanzministerium hat nun reagiert und entschieden, dass in Abweichung von der bisherigen Praxis der fiktive Verkaufserlös von 3 Cent pro Kilowattstunde als Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wärmeabgabe herangezogen werden darf. Diese pauschale Bewertung gilt unabhängig davon, ob tatsächlich ein Fernwärmeanschluss vorhanden ist oder nicht.
Die Regelung bietet damit eine bundesweit einheitliche, einfache Handhabung, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die eine Eigenstromversorgung betreiben. Das erleichtert nicht nur die steuerliche Abwicklung, sondern erhöht auch die Rechtssicherheit bei Betriebsprüfungen, da der Ansatz von 3 Cent pro Kilowattstunde nicht beanstandet wird, wenn er nachweislich genutzt wird.
Praktische Bedeutung für kleine und mittelständische Betriebe
Der Eigenverbrauch gewinnt insbesondere in energieintensiven Branchen oder bei Unternehmen mit hohem Nachhaltigkeitsbewusstsein zunehmend an Bedeutung. Handwerksbetriebe, Pflegeeinrichtungen, Onlinehändler und produzierende Mittelständler setzen zunehmend auf Photovoltaikanlagen, um Energiekosten zu senken und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Für diese Unternehmen war die bisherige Unsicherheit bei der Bewertung der unentgeltlichen Energieabgabe ein erheblicher administrativer Aufwand. Die neue Verwaltungsanweisung bringt hier dringend benötigte Klarheit.
Auch die Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses bedeutet in der Praxis eine relevante Verbesserungen. Abschnitt 2.5 Absatz 16 Satz 10 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses lautet nun: „Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die unentgeltliche Wärmeabgabe mit 3 Cent pro Kilowattstunde bemisst.“ Damit entfällt die Notwendigkeit, jährlich neue Marktdaten zu beschaffen oder komplexe Berechnungen zur Marktpreisermittlung vorzunehmen. Für Betreiberinnen und Betreiber von Energieanlagen reduziert sich damit nicht nur der Zeitaufwand, sondern auch das Risiko fehlerhafter Umsatzsteuererklärungen.
Von besonderer Bedeutung ist der Aspekt, dass diese Regelung in allen offenen Fällen Anwendung findet. Das bedeutet, dass Unternehmerinnen und Unternehmer – sofern in zurückliegenden Besteuerungszeiträumen noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt – diese Vereinfachung auch rückwirkend anwenden können. Eine entsprechende Anpassung der Bemessungsgrundlage sollte daher sorgfältig geprüft werden, um steuerliche Vorteile zu realisieren.
Fazit und Handlungsempfehlung
Das neue Schreiben des Bundesfinanzministeriums stellt einen erheblichen Schritt zur Entlastung der Unternehmen dar, die Energieanlagen im Eigenbetrieb nutzen. Für viele kleine und mittelständische Betriebe bedeutet dies eine spürbare Vereinfachung, da die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch nun auf einer einheitlichen und leicht nachvollziehbaren Pauschalregel beruht. Die Möglichkeit, 3 Cent pro Kilowattstunde als fiktiven Verkaufserlös anzusetzen, schafft nicht nur administrative Vereinfachung, sondern fördert auch die Transparenz und Nachvollziehbarkeit im steuerlichen Vollzug. Unternehmen, die bisher mit individuellen Berechnungen oder regionalen Vergleichswerten gearbeitet haben, sollten ihre bisherigen Verfahren entsprechend prüfen und anpassen.
Es empfiehlt sich, diese Änderung zum Anlass zu nehmen, die gesamte umsatzsteuerliche Behandlung der Energieversorgung im Betrieb zu überprüfen. Dazu gehört insbesondere die sachgerechte Abgrenzung zwischen Eigenverbrauch und entgeltlicher Lieferung, die korrekte Erfassung von unentgeltlichen Wertabgaben sowie die prüfungssichere Dokumentation dieser Vorgänge. Ein effizientes Zusammenspiel zwischen steuerlicher Beratung und digitaler Buchhaltungsorganisation spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Gerade bei selbst erzeugter Energie sind Schnittstellen zwischen Energiemanagement, Buchhaltung und Umsatzsteuerdeklaration von erheblicher Bedeutung.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Prozesse in der Finanzbuchhaltung und Steuerdeklaration zu digitalisieren und zu optimieren. Durch den gezielten Einsatz von Automatisierungslösungen und klar strukturierten Prozessabläufen lassen sich Kosten senken, die Transparenz erhöhen und steuerliche Risiken minimieren. Wir begleiten Unternehmen auf dem Weg zu einer modernen, effizienten Buchhaltungsorganisation und sorgen dafür, dass steuerliche Anforderungen – wie im Fall der neuen Regelung zum Direktverbrauch – rechtssicher und wirtschaftlich umgesetzt werden.
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