Aktuelle Neuregelung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Preisgeldern
Das Bundesfinanzministerium hat die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 10. Juni 2020 (Az. XI R 25/18) in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass aufgenommen und damit Klarheit für die steuerliche Einordnung platzierungsabhängiger Zahlungen geschaffen. Der Kernpunkt dieser Regelung betrifft Fälle, in denen Berufsreiter für erfolgreiche Turnierteilnahmen mit fremden Pferden Preisgelder oder anteilige Zahlungen von Dritten erhalten. Die Anpassung ist insbesondere für Reitbetriebe, Trainerinnen und Trainer sowie Pferdeeigentümerinnen und -eigentümer relevant, die in einem gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnis agieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellen solche Preisgelder grundsätzlich kein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt dar. Entscheidend ist, dass die Zahlung nicht als Gegenleistung für eine konkrete wirtschaftliche Leistung gilt, sondern von der Platzierung im Wettbewerb abhängt. Dieses Zufallselement, das der Reiterin oder dem Reiter den Zahlungserhalt weder rechtlich noch wirtschaftlich sichert, unterbricht den unmittelbaren Zusammenhang, den das Umsatzsteuergesetz als Voraussetzung für eine steuerbare Leistung verlangt.
Hintergrund und rechtliche Grundlagen
Die Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz erfasst Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ein Entgelt liegt nur dann vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Genau an diesem Punkt setzt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs an: Das erzielte Preisgeld wird nicht für eine klar abgegrenzte, vertraglich geschuldete Leistung wie Training oder Bereitstellung eines Pferdes gezahlt, sondern ausschließlich für den Erfolg eines Wettbewerbs.
Damit ist das Preisgeld kein Entgelt für eine Leistung, sondern eine erfolgsabhängige Zuwendung, deren Erhalt durch die Unsicherheiten des sportlichen Wettbewerbs gekennzeichnet ist. Der Bundesfinanzhof betont, dass dies auch gilt, wenn der Veranstalter das Preisgeld an den Pferdeeigentümer ausschüttet und dieser anschließend einen Anteil an den Reiter weitergibt. Auch diese Zahlungen sind von den gleichen Zufälligkeiten geprägt und nicht als Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinn anzusehen.
Das Bundesfinanzministerium hat auf dieser Grundlage den Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. Nach Abschnitt 1.1 Absatz 24 werden dort nunmehr ausdrücklich solche Zahlungen durch Dritte aufgenommen, bei denen ebenfalls kein Entgeltcharakter angenommen wird. Entscheidend bleibt der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang – fehlt er, so entfällt auch die Steuerbarkeit.
Praktische Konsequenzen für Reiter und Dienstleistende
Für Berufsreiterinnen und Berufsreiter bedeutet die Anpassung eine erhebliche Erleichterung in der Abgrenzung steuerbarer von nicht steuerbaren Einnahmen. In der Praxis bestand bislang eine gewisse Unsicherheit darüber, ob Preisgelder, die anteilig von Dritten weitergereicht werden, als Bestandteil der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit gelten könnten. Beispielsweise wenn ein Stallbetreiber sowohl das Training, die Unterbringung als auch die Turnierteilnahme übernimmt und hierfür auf Grundlage von Preisgeldern vergütet wird. Hier ist nun eine klare Trennlinie gezogen.
Lediglich wenn die Vereinbarungen zwischen Reiter und Pferdeeigentümer so gestaltet sind, dass der Anteil am Preisgeld als Bestandteil einer vertraglich vereinbarten Gesamtvergütung anzusehen ist – etwa wenn der Reiter eine über die Turnierteilnahme hinausgehende Verpflichtung übernimmt –, kann ein steuerbares Leistungsbündel vorliegen. Ein solches Bündel besteht typischerweise aus Training, Pflege und Teilnahmeorganisation für die eingesetzten Pferde. Entscheidend ist daher eine präzise Vertragsgestaltung und Dokumentation der jeweiligen Vereinbarungen, um steuerliche Risiken auszuschließen.
Für kleine und mittelständische Reitbetriebe, aber auch für Tierhalterinnen, Trainer und Veranstalter gilt es, die Abgrenzung sorgfältig vorzunehmen. Die Finanzverwaltung betont zugleich, dass Einzelfälle anhand der gesamten Umstände zu prüfen sind. Das neu gefasste BMF-Schreiben soll jedoch präventiv dazu beitragen, Streitigkeiten mit den Finanzbehörden zu reduzieren und die steuerliche Behandlung transparent zu machen.
Fazit und Handlungsempfehlung für die Praxis
Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses verdeutlicht, dass nur Zahlungen mit direktem wirtschaftlichen Zusammenhang zur erbrachten Leistung steuerbar sind. Preisgelder, deren Zahlung von zufallsabhängigen Wettbewerbsergebnissen abhängt, fallen grundsätzlich nicht darunter. Unternehmen und Einzelpersonen, die im Bereich der Pferdewirtschaft tätig sind, sollten daraus ihre vertraglichen und buchhalterischen Schlüsse ziehen. Eine saubere Trennung zwischen erfolgsabhängigen Zahlungen und umsatzsteuerpflichtigen Dienstleistungen ist der Schlüssel, um spätere Korrekturen und steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Auch wenn der Anwendungsbereich in diesem Fall sehr spezifisch erscheint, kann die zugrundeliegende Logik auf viele andere Tätigkeitsfelder übertragen werden, in denen Erfolgsbeteiligungen oder Prämien gezahlt werden. Überall dort, wo andere Faktoren als eine unmittelbare, vertraglich geschuldete Leistungserbringung den Zahlungserfolg bestimmen, ist eine umsatzsteuerliche Belastung regelmäßig ausgeschlossen. Damit zeigt die Entscheidung eine wichtige Linie für die Praxis: Das Umsatzsteuerrecht orientiert sich nicht an der wirtschaftlichen Motivation für eine Zahlung, sondern am tatsächlichen Leistungsaustausch.
Wir unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Buchhaltungsprozesse effizient zu gestalten und die Möglichkeiten der Digitalisierung gezielt einzusetzen. Durch die Optimierung steuerlicher Abläufe lassen sich nicht nur gesetzliche Anforderungen sicher erfüllen, sondern auch erhebliche Kosten einsparen. Unsere Kanzlei begleitet Unternehmen unterschiedlichster Branchen – von der Pferdewirtschaft über das Gesundheitswesen bis hin zum Onlinehandel – mit Erfahrung und praxisnaher Prozessberatung.
Gerichtsentscheidung lesen