Aktuelle Steuerschätzung und ihre Bedeutung für Unternehmen
Die Ende Oktober 2025 veröffentlichte 169. Steuerschätzung verdeutlicht erneut, wie eng die Steuerentwicklung mit der wirtschaftlichen Dynamik verknüpft ist. Ohne ein spürbares Wachstum in der Realwirtschaft stagnieren die Einnahmen des Staates. Das Steueraufkommen, also die Gesamtheit der Einnahmen aus den verschiedenen Steuerarten, wächst nur dann nachhaltig, wenn die wirtschaftliche Leistung zunimmt. Der Arbeitskreis Steuerschätzungen, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen sowie Wissenschaft, weist für die kommenden Jahre keine zusätzlichen finanziellen Spielräume aus. Besonders für 2027 prognostiziert das Bundesfinanzministerium eine erhebliche Lücke von rund 30 Milliarden Euro im Bundeshaushalt. Dies unterstreicht, dass die derzeitigen Steuermehreinnahmen – etwa zwei Milliarden Euro im laufenden Jahr und fünf Milliarden für 2026 – auf mittlere Sicht nicht ausreichen, um strukturelle Ausgabensteigerungen oder Investitionsbedarfe zu decken.
Für Unternehmende, Steuerberatende und Finanzverantwortliche signalisiert die Schätzung eine Phase der haushaltspolitischen Konsolidierung. Die öffentliche Hand wird mittelfristig keine substanziellen steuerlichen Entlastungen bieten können, solange das gesamtwirtschaftliche Wachstum schwach bleibt. Gleichzeitig nehmen die Anforderungen an unternehmerische Flexibilität und Investitionsbereitschaft zu, um den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten.
Entwicklung der wichtigsten Steuerarten und wirtschaftliche Rahmendaten
Die Schätzung beruht auf der aktuellen Herbstprojektion der Bundesregierung, die für 2026 ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,3 Prozent ansetzt, für 2027 ein Plus von 1,4 Prozent erwartet und für 2025 nur von einem leichten Zuwachs von 0,2 Prozent ausgeht. Dieses moderat positive Szenario stützt sich vor allem auf die anziehende Binnennachfrage, also den privaten und staatlichen Konsum im Inland, sowie auf eine leichte Stabilisierung der Exportmärkte. Davon profitiert vor allem die Umsatzsteuer, die um rund drei Prozent zulegen soll, und die Lohnsteuer, deren Einnahmen mit einem Plus von fünf Prozent kalkuliert werden.
Demgegenüber sind Bremsspuren bei den sogenannten Ertragsteuern erkennbar. Diese umfassen insbesondere die Körperschaftsteuer, die Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrifft, und die Gewerbesteuer, die von den Gemeinden erhoben wird. Beide Steuerarten reagieren stark auf Gewinnentwicklungen. Da viele Betriebe mit anhaltenden Kostenbelastungen und engen Margen konfrontiert sind, wird für 2025 ein Rückgang der Körperschaftsteuer um zwei Prozent erwartet, während die Gewerbesteuer insgesamt stagniert. Die Einkommensteuer aus veranlagten Einkünften, die vor allem Selbstständige und Personengesellschaften betrifft, zeigt mit einem Zuwachs von sechs Prozent die robusteste Entwicklung, was auf stabile Freiberufler- und Unternehmererträge hindeutet.
Für viele kleine und mittelständische Unternehmen, darunter Handwerksbetriebe, Pflegeeinrichtungen oder Onlinehändler, ergibt sich daraus ein zwiespältiges Bild. Einerseits bleibt die Konsumnachfrage stabil, was Absatzchancen sichert. Andererseits verschärfen steigende Finanzierungskosten und anhaltender Bürokratieaufwand die Herausforderungen. Zudem kann stagnierendes Unternehmenssteueraufkommen langfristig die Investitionsfähigkeit der Kommunen beeinträchtigen, was wiederum Auswirkungen auf Infrastruktur und Standortqualität hat.
Wachstumspolitische Perspektiven und staatliche Investitionsprogramme
Ein zentrales Instrument zur Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung ist das neu eingerichtete Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaschutz“. Dieses Fondsmodell, das mit 500 Milliarden Euro ausgestattet werden soll, zielt auf eine umfassende Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur und auf Investitionen in nachhaltige Projekte. Gelingen diese Investitionen, können sie mittel- und langfristig erhebliche Wachstumsimpulse auslösen. Entscheidend ist jedoch, dass die Mittel effizient in produktive Vorhaben lenken – etwa in den Ausbau des Verkehrsnetzes, die Digitalisierung öffentlicher Dienste oder die Förderung neuer Energietechnologien. Diese Bereiche sind Multiplikatoren für private Investitionstätigkeit und stärken damit die Steuerbasis.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die bisherige Investitions- und Ausgabenpolitik des Staates ausreichend auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und eine leistungsfähige Infrastruktur unverzichtbar. Staatliche Investitionen müssen daher stärker unter dem Aspekt überprüft werden, ob sie einen messbaren Beitrag zur Wertschöpfung der Unternehmen leisten. Nur wenn die betriebliche Produktivität steigt, entstehen durch höhere Gewinne und Löhne auch dauerhaft steigende Steuereinnahmen.
Schlussfolgerungen für die Praxis und die Rolle der Unternehmen
Für Unternehmen ergibt sich aus der aktuellen Steuerschätzung die klare Botschaft, dass fiskalische Entlastungen kurzfristig kaum zu erwarten sind. Stattdessen rückt die betriebswirtschaftliche Anpassungsfähigkeit in den Vordergrund. Wachstum entsteht heute vor allem durch Effizienzgewinne, Technologisierung und organisatorische Optimierungen. Wer seine internen Prozesse digitalisiert, Verwaltungskosten senkt und Daten intelligent nutzt, trägt nicht nur zur eigenen Wettbewerbsfähigkeit bei, sondern letztlich auch zur allgemeinen Steuerbasis bei. Steuerberatende und Finanzinstitutionen stehen dabei als strategische Partner im Mittelpunkt, indem sie Unternehmen helfen, finanzielle Handlungsräume zu nutzen und steuerliche Belastungen prospektiv zu steuern.
Wirtschaftlicher Wohlstand entsteht immer in den Betrieben – dies verdeutlicht die aktuelle Einnahmenentwicklung sehr deutlich. Je konsequenter sich Unternehmen technisch und organisatorisch auf Effizienz und Nachhaltigkeit ausrichten, desto resilienter werden sie gegenüber konjunkturellen Schwankungen. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass ein Prozentpunkt zusätzliches Wirtschaftswachstum den öffentlichen Kassen bis zu zehn Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen bringen kann. Diese Relation macht klar, dass Steuerpolitik und Wirtschaftspolitik untrennbar miteinander verbunden sind.
Für kleine und mittelständische Unternehmen bietet die derzeitige Lage auch Chancen: Investitionen in Digitalisierung, Automatisierung und Prozesssteuerung können nicht nur die eigene Kostenstruktur verbessern, sondern zugleich steuerlich vorteilhaft gestaltet werden. Wer frühzeitig die eigenen Abläufe modernisiert und steuerlich optimal aufstellt, stärkt sowohl die eigene Wettbewerbsposition als auch die Innovationskraft des Standorts Deutschland. Unsere Kanzlei begleitet Unternehmen genau in diesem Spannungsfeld – wir unterstützen kleine und mittelständische Betriebe bei der Digitalisierung ihrer Buchhaltungsprozesse, der Effizienzsteigerung in der Verwaltung und der nachhaltigen Kostenoptimierung. So entstehen langfristige Wettbewerbsvorteile und eine solide finanzielle Basis in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten.
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