Hintergrund: OECD-Vorgaben und nationale Umsetzung
Sammelanderkonten sind spezielle Fremdgeldkonten, die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nutzen, um Mandantengelder von eigenen Geldern strikt getrennt zu verwahren. Damit Banken diese Konten künftig weiterhin anbieten können, ohne die umfassenden Prüf- und Meldepflichten nach dem Finanzkonteninformationsaustauschgesetz erfüllen zu müssen, ist eine ausdrückliche Ausnahme notwendig. Diese Ausnahme kann das Bundesministerium der Finanzen nur gewähren, wenn die Anforderungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung berücksichtigt werden. Im Kern verlangt diese Vorgabe, dass die Rechtsanwaltskammern selbst eine Prüfung der Sammelanderkonten ihrer Mitglieder sicherstellen.
Bislang waren Banken über einen Nichtbeanstandungserlass von der Einhaltung dieser Pflichten befreit. Diese Übergangslösung wurde regelmäßig verlängert, endet aber voraussichtlich nach 2025, sofern die deutschen Rechtsanwaltskammern nicht bis zum Herbst ein belastbares Prüfungskonzept entwickelt und vorgestellt haben.
Neue Prüfpflichten und deren Ausgestaltung
Auf der Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer im September 2025 wurde deutlich, dass sich eine breite Mehrheit der Kammern für die Einführung eines zentralen elektronischen Systems ausgesprochen hat. Dieses System soll automatisiert Daten zu Transaktionen über eine Schnittstelle der Banken auslesen und auf Auffälligkeiten prüfen. Übersteigt eine Zahlungsbewegung bestimmte definierte Parameter oder zeigt anderweitige Unregelmäßigkeiten, werden die Daten automatisch an die jeweils zuständige regionale Rechtsanwaltskammer weitergeleitet.
Der große Vorteil dieser Struktur liegt in der Effizienz und Einheitlichkeit. Anstatt heterogene Prüfungen auf regionaler Ebene durchzuführen, sichert ein zentrales System eine Standardisierung und reduziert zugleich die Verwaltungslast. Zugleich wird deutlich, dass mit einer solchen Lösung auch technische und datenschutzrechtliche Fragestellungen verbunden sind, die im rechtlich-organisatorischen Konzept zwingend berücksichtigt werden müssen.
Praktische Konsequenzen für Kanzleien und Banken
Für Anwaltskanzleien, die Sammelanderkonten als festen Bestandteil ihrer Tätigkeit führen, bedeutet die neue Entwicklung vor allem eine verstärkte Kontrolle. Mandantengelder müssen künftig noch transparenter verwaltet werden, da Auffälligkeiten sofort an die Kammer gehen können. Die Anforderungen an eine saubere Buchführung steigen damit erheblich. Kanzleien sollten frühzeitig ihre internen Prozesse überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um Beanstandungen zu vermeiden.
Für Banken ist entscheidend, dass durch das geplante Prüfkonzept die Pflicht zur Einhaltung der umfassenden Berichtsvorschriften weiterhin entfällt. Dies macht Sammelanderkonten als Produkt wirtschaftlich tragfähig. Ohne diese Ausnahme wäre zu befürchten gewesen, dass viele Banken den Aufwand für die Führung solcher Konten nicht mehr übernehmen, was weitreichende Folgen für die anwaltliche Berufsausübung gehabt hätte.
Ausblick und Handlungsempfehlungen
Die kommenden Monate sind entscheidend für die weitere Umsetzung. Die Bundesrechtsanwaltskammer ist beauftragt, bis zum Jahresende ein tragfähiges und rechtssicheres Konzept vorzulegen. Nur wenn dieses Konzept rechtzeitig vorliegt und von den Behörden akzeptiert wird, ist eine erneute Verlängerung des Nichtbeanstandungserlasses realistisch. Für Kanzleien empfiehlt es sich, bereits heute mit einer kritischen Überprüfung der eigenen Verwaltungsabläufe zu beginnen, insbesondere im Hinblick auf die Trennung von Mandantengeldern, die Nachvollziehbarkeit der Transaktionen und eine saubere digitale Dokumentation.
Aus rechtlicher Sicht ist zudem davon auszugehen, dass sich die Prüfpflichten in den nächsten Jahren weiter verdichten werden. Ein reines Abwarten birgt daher Risiken. Vielmehr ist es ratsam, Digitalisierungsschritte vorzuziehen und die Buchhaltung so zu strukturieren, dass sie einem möglichen automatisierten Abgleich standhält. Gerade kleine und mittelständische Kanzleien, die oft über weniger Ressourcen verfügen, sollten entsprechende Investitionen frühzeitig planen.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei der Prozessoptimierung in der Buchhaltung und der gezielten Digitalisierung der Abläufe. Durch unsere Erfahrung zeigen wir, wie eine frühzeitige Anpassung nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entspricht, sondern auch erhebliche Kostenersparnisse ermöglicht.
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