Einführung in die Reform der Produkthaftung
Die Produkthaftung bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung von Herstellern, Importeuren oder Händlern, für Schäden einzustehen, die durch fehlerhafte Produkte entstehen. Bisher war die Anwendung dieses Rechtsbereichs überwiegend auf klassische, körperliche Produkte wie Maschinen, Fahrzeuge oder Haushaltsgeräte begrenzt. Mit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung des Produkthaftungsrechts wird dieser Anwendungsbereich nun deutlich erweitert. Ziel ist es, die Vorschriften an die Digitalisierung sowie an die komplexen Wertschöpfungsketten der heutigen globalen Wirtschaft anzupassen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat angekündigt, die neuen Regelungen bis spätestens Dezember 2026 in nationales Recht zu überführen, da dies durch eine neue EU-Richtlinie verbindlich vorgegeben ist.
Produkthaftung für Software und Künstliche Intelligenz
Besonders bedeutsam für viele Unternehmen ist die künftige Einbeziehung von Software in die Produkthaftung. Damit sind nicht nur traditionelle Programme gemeint, sondern auch Anwendungen, die mittels künstlicher Intelligenz auf selbstlernenden Algorithmen basieren. Verursacht ein fehlerhaftes Softwaremodul oder eine Fehlentscheidung einer KI einen Sach- oder Personenschaden, wird dies künftig wie ein klassischer Produktfehler behandelt. Für kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich Softwareentwicklung oder für Anbieter digitaler Lösungen bedeutet dies, dass sie verstärkt in Qualitätssicherung, Testverfahren und Dokumentationspflichten investieren müssen. Im Ergebnis werden Ansprüche auf Schadensersatz für Geschädigte erleichtert – entscheidend ist, dass die Software als Teil des Produkts betrachtet wird und nicht länger in einer Grauzone steht.
Eine wichtige Einschränkung bleibt jedoch bestehen: Open-Source-Software, die außerhalb einer geschäftlichen Tätigkeit entwickelt wird, fällt nicht unter die Produkthaftung. Unternehmen, die jedoch auf Open-Source-Lösungen zurückgreifen, tragen dennoch eine Verantwortung, wenn sie diese in eigene Produkte integrieren und vertreiben.
Neue Haftung in Kreislaufwirtschaft und Lieferketten
Die Reform reagiert auch auf die zunehmende Bedeutung von Kreislaufwirtschaft. Wird ein Produkt nach seinem Erstvertrieb so umgestaltet, dass wesentliche Änderungen entstehen, etwa durch ein Upcycling oder eine Aufbereitung, haftet künftig derjenige, der diese Veränderung vorgenommen hat, als Hersteller. Dies ist insbesondere für Unternehmen relevant, die gebrauchte Waren überarbeiten oder digital aufrüsten. Auch Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, die medizintechnische Geräte durch Dritte überarbeiten lassen, sollten diese neuen Haftungsrisiken kennen und in ihre Vertragsgestaltung aufnehmen.
Zudem erweitert sich die Haftung innerhalb globaler Lieferketten. Ist ein Hersteller außerhalb der Europäischen Union nicht greifbar, können künftig Importeure, Plattformbetreiber oder Fulfilment-Dienstleister in Haftung genommen werden. Gerade für Onlinehändler, die Waren aus Drittstaaten in die EU einführen und vertreiben, ist dies von erheblicher Bedeutung. Das gilt ebenso für Betreiber von Plattformen, wenn für Verbraucher der Eindruck entsteht, dass die Plattform selbst für das Produkt verantwortlich ist. Solche Konstellationen könnten zu weitreichenden finanziellen und rechtlichen Folgen führen, insbesondere wenn die Haftungsrisiken zuvor nicht erkannt und abgesichert wurden.
Erleichterte Rechtsdurchsetzung für Geschädigte
Bisher mussten Geschädigte den Zusammenhang zwischen einem Produktfehler und dem eingetretenen Schaden detailliert nachweisen, was bei hochkomplexen technischen oder digitalen Produkten im Alltag kaum möglich war. Der Gesetzentwurf sieht nun Beweiserleichterungen vor. Besteht ein nachweislicher Produktfehler und ist der Schaden typischerweise auf diesen Fehler zurückzuführen, wird das ursächliche Zusammenspiel vermutet. Gleichzeitig werden Unternehmen verpflichtet, im Prozess bestimmte Beweismittel offenzulegen, sofern dies durch gerichtliche Anordnung verlangt wird. Sensible Geschäftsgeheimnisse sollen dabei weiterhin geschützt bleiben. Diese neue Beweisführungslage verändert die Prozessrisiken erheblich. Gerade kleinere Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass die Verteidigung gegen Haftungsansprüche künftig komplexer und im Zweifel kostenintensiver wird. Entsprechende Vorsorge durch interne Dokumentations- und Compliance-Prozesse ist daher dringend zu empfehlen.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die geplante Reform des Produkthaftungsrechts bringt eine deutliche Ausweitung der Haftungsrisiken und erfordert von Unternehmen eine sorgfältige Anpassung ihrer internen Abläufe. Betroffen sind nicht nur klassische Hersteller, sondern in besonderem Maße auch Onlinehändler, Softwareunternehmen, Plattformanbieter sowie Akteure der Gesundheitswirtschaft, die oft mit digital gesteuerten Geräten arbeiten. Die konsequente Einbeziehung von Software in die Produkthaftung macht es erforderlich, Qualitätssicherung und Risikomanagement auf ein neues Niveau zu heben. Nur so lassen sich spätere Ansprüche und mögliche Imageschäden vermeiden.
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