Ein neuer Rahmen für freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mit der zunehmenden Bedeutung ökologischer, sozialer und unternehmensethischer Faktoren rückt die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für kleine und mittlere Unternehmen in den Fokus. Die Europäische Kommission hat Ende Juli 2025 den freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandard für kleine und mittlere Unternehmen, kurz VSME, vorgestellt. Dieser Standard wurde von der European Financial Reporting Advisory Group, kurz EFRAG, entwickelt und richtet sich speziell an Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden. Ziel ist es, eine praktikable, freiwillige Struktur für die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Informationen, oft unter dem Begriff ESG-Berichterstattung zusammengefasst, zu schaffen.
Im Gegensatz zu den verpflichtenden Standards für große oder kapitalmarktorientierte Unternehmen nach der Corporate Sustainability Reporting Directive bietet der VSME-Standard eine vereinfachte Herangehensweise. Er soll kleinen Unternehmen den Zugang zur ESG-Berichterstattung ermöglichen, ohne sie mit übermäßigen administrativen Anforderungen zu belasten. Somit wird ein flexibler und kostenschonender Einstieg in die Nachhaltigkeitskommunikation geschaffen, der gleichzeitig Transparenz gegenüber Geschäftspartnern, Banken und Kunden gewährleistet.
Bedeutung und Zielrichtung der aktuellen EFRAG-Konsultation
Um die Praxistauglichkeit und Akzeptanz des VSME sicherzustellen, hat EFRAG eine europaweite Konsultation gestartet, die bis zum 10. November 2025 läuft. Dabei werden insbesondere Rückmeldungen von kleinen und mittleren Unternehmen, Kleinstunternehmen, Banken, Investoren, nationalen Standardsetzern und Unternehmen mit Lieferkettenbezug gesucht. Diese öffentliche Konsultation verfolgt das Ziel, sowohl Chancen als auch Herausforderungen bei der Anwendung des VSME zu identifizieren. Besonders relevant ist dabei, wie stark der freiwillige Standard in der Wirtschaft tatsächlich genutzt wird und welche Hürden seine breite Einführung in der EU beeinträchtigen könnten.
Die Rückmeldungen sollen ein realistisches Bild liefern, inwieweit der Standard geeignet ist, eine Brücke zwischen der freiwilligen Berichterstattung und den gesetzlichen Anforderungen zu schlagen. Für viele mittelständische Betriebe besteht hier die Möglichkeit, sich frühzeitig auf künftige regulatorische Entwicklungen vorzubereiten. Auch für Banken und Investoren kann die Nutzung des VSME von Vorteil sein, da sie auf standardisierte und vergleichbare Informationen zurückgreifen können, um Nachhaltigkeitsrisiken in der Kreditvergabe oder bei Investitionsentscheidungen besser einzuschätzen.
Relevanz für kleine und mittlere Unternehmen
Die Anforderungen an Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte steigen nicht nur seitens der Politik, sondern auch durch Marktmechanismen. Unternehmen, die Teil internationaler Lieferketten sind, werden immer häufiger von ihren Geschäftspartnern zur Offenlegung von ESG-Daten aufgefordert. Besonders betroffen sind produzierende Mittelständler, Pflegeeinrichtungen oder auch Handelsunternehmen, die auf Nachweise sozialer Verantwortung und Umweltverträglichkeit angewiesen sind. Der VSME eröffnet diesen Unternehmen die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsleistungen einheitlich und nachvollziehbar darzustellen, auch ohne gesetzliche Verpflichtung.
Ein zentraler Vorteil liegt in der Struktur des Standards: Die Anforderungen sind modular aufgebaut, sodass Unternehmen die Berichterstattung an ihr Informationsniveau und ihre Kapazitäten anpassen können. Dies erleichtert den Einstieg in die Dokumentation von Themen wie Energieverbrauch, Arbeitsbedingungen oder gesellschaftlichem Engagement. Zudem kann der Standard dabei helfen, langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern, da ein hohes Maß an Transparenz in Nachhaltigkeitsfragen zunehmend als Qualitätsmerkmal gilt – insbesondere für Kreditinstitute, die Finanzierungskonditionen auch an ESG-Kriterien knüpfen.
Der VSME ist somit weit mehr als ein bürokratisches Instrument. Er kann strategisch eingesetzt werden, um Kunden- und Investorenbeziehungen zu stärken, Risiken frühzeitig zu erkennen und die eigene Marktposition zu verbessern. Besonders im Hinblick auf die Digitalisierung interner Prozesse kann die VSME-konforme Datenerhebung einen wichtigen Beitrag zur Optimierung betrieblicher Abläufe leisten.
Praktische Umsetzung und Ausblick für den Mittelstand
Für viele kleine und mittlere Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie den VSME-Standard pragmatisch umsetzen können. Entscheidend ist zunächst die interne Bewusstseinsbildung: Nachhaltigkeitsaspekte sollten als Bestandteil der Unternehmensstrategie verstanden werden, nicht als Zusatzaufwand. Ein strukturierter Einstieg empfiehlt sich durch die Identifikation der Themen, die für das eigene Geschäftsmodell relevant sind. Auf dieser Basis kann die Datenerhebung Schritt für Schritt aufgebaut und durch digitale Tools effizient automatisiert werden.
Unternehmen, die den Standard frühzeitig anwenden, können Erfahrungen sammeln, bevor ESG-Anforderungen in Zukunft weiter ausgeweitet werden. Auch im Hinblick auf Finanzierungszugänge kann eine freiwillige Berichterstattung Vorteile bieten. Banken und Investoren honorieren transparente und nachvollziehbare ESG-Berichte zunehmend, da diese eine bessere Risikobewertung ermöglichen. Die Einbindung digitaler Lösungen wie Buchhaltungssoftware oder cloudbasierter ESG-Datenbanken kann den Aufwand spürbar senken und gleichzeitig die Qualität der Informationen verbessern.
Langfristig dürfte der VSME-Standard zur Harmonisierung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung beitragen und ein Bindeglied zwischen großen Konzernen und der mittelständischen Wirtschaft darstellen. KMU sollten die Chance nutzen, die sich aus dieser Entwicklung ergibt, um ihre Position im Markt zu stärken und regulatorische Veränderungen proaktiv zu gestalten. Wir unterstützen kleine und mittlere Unternehmen bei der Umsetzung solcher digitalen Berichtssysteme, der Prozessoptimierung in der Buchhaltung und der Einführung effizienter digitaler Lösungen. Durch unsere langjährige Erfahrung in der Digitalisierung betrieblicher Abläufe erzielen unsere Mandanten erhebliche Kosten- und Zeitvorteile – von der gezielten Datenerhebung bis zur automatisierten Auswertung.
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