Neue Grundsätze für die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art
Mit dem aktuellen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Oktober 2025 (Az. IV C 2 - S 2706/00061/003/134) werden die bestehenden Regelungen zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 Körperschaftsteuergesetz weiter konkretisiert. Der Begriff des Betriebs gewerblicher Art bezeichnet wirtschaftliche Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts, die in einem gewerblichen Umfang betrieben werden, ohne jedoch als eigenständige Kapitalgesellschaften organisiert zu sein. Durch die gesetzliche Vorschrift erhalten solche Betriebe eine körperschaftsteuerliche Selbstständigkeit, sofern sie marktbezogene Leistungen erbringen.
Die zentrale Neuerung im jüngsten Erlass betrifft insbesondere die Möglichkeit, Betriebe gewerblicher Art miteinander zusammenzufassen, wenn eine objektiv enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht. Eine solche Zusammenfassung führt dazu, dass mehrere rechtlich getrennte, aber wirtschaftlich eng miteinander verbundene Einrichtungen als ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art behandelt werden können. Dies kann erhebliche steuerliche und organisatorische Auswirkungen auf die Gewinnermittlung, Verlustverrechnung und steuerliche Transparenz haben.
Technisch-wirtschaftliche Verflechtung als zentrales Kriterium
Die Beurteilung, ob eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung von „einiger Bedeutung“ im Sinne des Gesetzes vorliegt, erfordert eine genaue Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse. Bereits 2016 hatte das Bundesministerium der Finanzen im Zusammenhang mit Blockheizkraftwerken (BHKW) Grundsätze formuliert, wie eine solche Verflechtung erfolgen kann. Diese Regelung wird nun erweitert. Neben dem Einsatz von Blockheizkraftwerken gelten nunmehr auch Wärmepumpen, hybride Photovoltaikanlagen und moderne Fernwärmenetze als mögliche Verknüpfungspunkte zwischen Betrieben gewerblicher Art.
Beispielsweise kann ein kommunales Bad, das seinen Wärmebedarf über eine hauseigene Wärmepumpe deckt, künftig gemeinsam mit einem Versorgungsbetrieb als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art beurteilt werden, sofern eine funktionale Abhängigkeit und eine abgestimmte wirtschaftliche Nutzung vorliegen. Entscheidend ist dabei, dass sich die energetischen Prozesse beider Einrichtungen so ergänzen, dass ohne die eine Einrichtung der wirtschaftliche Betrieb der anderen nicht denkbar wäre. Dieses Kriterium verhindert eine schematische Anwendung und stellt sicher, dass die Zusammenfassung nur dort erfolgt, wo tatsächlich eine greifbare wirtschaftliche Einheit besteht.
Praktische Konsequenzen für öffentliche und private Unternehmen
Die Präzisierung durch das Bundesministerium der Finanzen hat nicht nur Bedeutung für Kommunen oder Zweckverbände, sondern kann auch für Unternehmen mit Beteiligungen an öffentlich-rechtlichen Strukturen relevant sein. Insbesondere Stadtwerke, Betreiber von Energieversorgungsnetzen oder kommunale Dienstleister müssen prüfen, ob und in welchem Umfang sich durch energetische Kopplungen oder gemeinsame Nutzung technischer Anlagen eine einheitliche Betriebsstruktur ergibt. Bei der steuerlichen Behandlung solcher Einheiten spielen die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben, die Verrechnung von Verlusten sowie die Anwendung der Regelungen zum steuerlichen Querverbund eine wesentliche Rolle.
Kleine und mittelständische Unternehmen, die etwa Dienstleistungen oder Energie an öffentliche Einrichtungen liefern, sollten ebenfalls aufmerksam prüfen, ob sie mittelbar in solche Verflechtungen eingebunden sind. Die Nutzung moderner Energieinfrastrukturen wie Fernwärmenetzen oder Photovoltaikanlagen auf öffentlichem Gelände kann steuerliche Mitbetroffenheit auslösen, wenn durch Verträge oder Lieferstrukturen eine funktionale Abhängigkeit entsteht. Steuerberaterinnen und Finanzverantwortliche müssen daher sorgfältig analysieren, ob sich durch die neuen Grundsätze Änderungen in der bilanziellen Darstellung oder der Körperschaftsteuerpflicht ergeben.
Einzelfallprüfung und Bedeutung für die steuerliche Beratungspraxis
Das Bundesministerium der Finanzen betont, dass die Beurteilung einer Zusammenfassung stets auf den Umständen des Einzelfalls beruht. Diese Formulierung verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Sachverhaltsanalyse. In der Praxis sollte daher zunächst eine funktionale Betrachtung der betrieblichen Prozesse im Mittelpunkt stehen. Relevant ist nicht allein die rechtliche Organisation, sondern das tatsächlich gelebte wirtschaftliche Zusammenspiel. Entscheidend ist insbesondere, ob die Versorgungstechnologie ein wirtschaftliches Bindeglied darstellt, das beide Betriebe untrennbar miteinander verbindet.
Für die steuerliche Beratungspraxis ergibt sich die Herausforderung, frühzeitig die steuerlichen Folgen einer möglichen Zusammenfassung zu erkennen. Im Rahmen von Investitionsplanungen, insbesondere im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, sollten deshalb steuerliche Aspekte parallel zur technischen Konzeption bewertet werden. Das betrifft gleichermaßen kommunale Träger wie Stadtwerke, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser, die zunehmend auf energetisch gekoppelte Systeme setzen. Eine vorausschauende Planung kann hier verhindern, dass eine ungeplante steuerliche Einheit entsteht, die unerwartet körperschaftsteuerpflichtige Ergebnisse generiert.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die neuen Grundsätze des Bundesministeriums der Finanzen eine klarere Orientierung für die steuerliche Behandlung technischer Verbundsysteme bieten. Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Sektors sind gut beraten, ihre Strukturen anhand dieser Kriterien zu überprüfen und bei künftigen Projektplanungen die steuerliche Komponente aktiv einzubeziehen. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre buchhalterischen und steuerlichen Prozesse effizient zu gestalten, Digitalisierungspotenziale auszuschöpfen und durch strukturierte Prozessoptimierung eine deutliche Kosteneinsparung zu erzielen. Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung begleiten wir Mandanten aus verschiedensten Branchen auf dem Weg zu einer transparenten, rechtssicheren und zukunftsfähigen Unternehmensorganisation.
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