Preisermäßigungen unter der Preisangabenverordnung richtig verstehen
Die rechtssichere Gestaltung von Rabatt- und Preiswerbung stellt viele Unternehmen, insbesondere im Handel, regelmäßig vor Herausforderungen. Nach der Preisangabenverordnung, kurz PAngV, sind klare Regeln zu beachten, wenn Preisermäßigungen gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern kommuniziert werden. § 11 dieser Verordnung schreibt vor, dass bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der niedrigste Gesamtpreis anzugeben ist, den das Unternehmen in den letzten 30 Tagen vor der Anwendung der Ermäßigung für die betreffende Ware verlangt hat. Diese Regelung soll sicherstellen, dass vermeintliche Preisvorteile tatsächlich einen realen wirtschaftlichen Unterschied darstellen und keine bloße Marketingfloskel sind.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 18. Dezember 2025 (Az. I-20 U 43/25) klargestellt, dass ein Verstoß gegen diese Vorgabe nicht nur Wettbewerbsverstöße darstellen, sondern auch erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Das betroffene Dienstleistungsunternehmen hatte in Prospekten eines großen Lebensmitteldiscounters Preisreduzierungen mit prozentualen Angaben hervorgehoben, die sich jedoch auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, die sogenannte UVP, bezogen. Der Senat sah darin eine irreführende Preisermäßigung, weil diese nicht auf den tatsächlichen niedrigsten Preis der letzten 30 Tage abstellte.
Abgrenzung zwischen UVP und Referenzpreis
Die unverbindliche Preisempfehlung ist eine Orientierung des Herstellers, zu welchem Preis ein Produkt am Markt typischerweise angeboten werden sollte. Sie dient Händlern als Anhaltspunkt, hat aber keine rechtliche Bindungswirkung. Der Referenzpreis im Sinne des § 11 PAngV dagegen beschreibt den niedrigsten tatsächlichen Gesamtpreis, der innerhalb der vorangegangenen 30 Tage vom Händler gefordert wurde. Eine Ermäßigung darf nur dann beworben werden, wenn der neue Preis tatsächlich niedriger ist als dieser Referenzpreis. Werbung, die sich auf die UVP bezieht, fällt nicht unter die Vorschrift, sofern klar und unmissverständlich kommuniziert wird, dass kein Bezug zum tatsächlichen Verkaufspreis besteht.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht den Gesamteindruck der Werbung jedoch als irreführend an. Grafische Gestaltungselemente wie durchgestrichene Preisangaben, prozentuale Ermäßigungsangaben und die großflächige Überschrift „Bis zu 48 % sparen“ erzeugten den Eindruck einer Preisermäßigung im Sinne der gesetzlichen Definition. Der Zusatz UVP war aus Verbrauchersicht untergeordnet und wurde vielfach übersehen. Daraus folgt, dass selbst formal richtige, aber visuell missverständliche Darstellungen rechtlich unzulässig sein können.
Auswirkungen für Handels- und Dienstleistungsunternehmen
Besonders für Lebensmittelhändler, Onlinehändler und andere Branchen mit regelmäßig wechselnden Angebotsaktionen hat diese Entscheidung erhebliche praktische Bedeutung. Sobald eine Preisänderung beworben wird, muss das Unternehmen prüfen und dokumentieren, welcher Preis innerhalb der letzten 30 Tage der niedrigste war. Diese Pflicht betrifft sämtliche Preisangaben gegenüber Endverbrauchern, unabhängig davon, ob sie in Prospekten, auf Websites oder in Online-Shops veröffentlicht werden. Fehlinterpretationen oder Unachtsamkeiten können schnell als unlautere Wettbewerbshandlungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gewertet und kostenpflichtig abgemahnt werden.
Auch der Einwand, vergleichbare Praktiken seien branchenüblich, half dem Unternehmen nicht. Der Senat stellte klar, dass die bloße Existenz ähnlicher Werbeformen im Markt nicht dazu führt, dass eine objektiv rechtswidrige Werbung zulässig wird. Damit setzt das Gericht einen deutlichen Maßstab für sämtliche werbenden Unternehmen, die Preisvorteile kommunizieren. Wer mit Prozentangaben oder grafisch hervorgehobenen Preisreduzierungen arbeitet, sollte sorgfältig prüfen, ob diese auf einem tatsächlichen, gesetzeskonformen Referenzpreis beruhen.
Rechtssichere Gestaltung und praktische Handlungsempfehlungen
Für die Unternehmenspraxis bedeutet das Urteil eine klare Aufforderung zu mehr Transparenz und Präzision in der Werbegestaltung. Unternehmen sollten ihre internen Preisbildungsprozesse und die Dokumentation vergangener Preise so organisieren, dass jederzeit nachvollziehbar ist, welcher Preis in den zurückliegenden 30 Tagen galt. Gerade in digitalisierten Vertriebskanälen, etwa im Onlinehandel oder bei automatisierten Preisänderungen durch Warenwirtschaftssysteme, ist die Verbindung von technischer und rechtlicher Kontrolle entscheidend. Die eindeutige und verständliche Darstellung von Preisnachlässen kann nicht nur rechtliche Risiken vermeiden, sondern stärkt auch langfristig das Vertrauen der Kundschaft.
Juristisch betrachtet, liegt die Kernaufgabe in der Abgrenzung zwischen zulässiger Bezugnahme auf Herstellerempfehlungen und unzulässiger Preisermäßigung im Sinne der PAngV. Eine sorgfältige Gestaltung schützt Unternehmen vor Abmahnungen, Bußgeldern und Imageschäden. Dabei sollten Marketingabteilungen, Rechtsabteilungen und externe Berater eng zusammenarbeiten, um rechtssichere Prospekt- und Onlinewerbung sicherzustellen. Denn Preisangaben sind ein besonders sensibler Bestandteil der Verbraucherkommunikation und unterliegen einer strengen Erwartungshaltung der Aufsichtsbehörden und Wettbewerber.
Das Urteil zeigt einmal mehr, dass rechtliche Compliance kein bloßer Formalismus ist, sondern ein strategischer Bestandteil erfolgreicher Unternehmensführung. Transparente und konsistente Preiskommunikation erhöht die Glaubwürdigkeit und beugt Konflikten vor. Gerade für mittlere und kleinere Betriebe, die häufig nicht über eigene Rechtsabteilungen verfügen, ist es empfehlenswert, auf externe fachkundige Beratung zurückzugreifen, um die Vorschriften der Preisangabenverordnung effizient umzusetzen.
Fazit und Praxishinweis
Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf betont die Bedeutung klarer und wahrheitsgetreuer Preiswerbung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Preisermäßigungen tatsächlich auf den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage bezogen sind und Verbraucherinnen und Verbraucher nicht durch unklare Hinweise oder Grafiken in die Irre geführt werden. Eine Bezugnahme auf unverbindliche Preisempfehlungen ist zwar grundsätzlich erlaubt, darf aber nicht den Eindruck einer echten Rabattaktion erwecken. Wer die gesetzlichen Vorgaben konsequent beachtet, schützt sich nicht nur vor rechtlichen Risiken, sondern stärkt auch die eigene Marktposition durch glaubwürdige Preistransparenz.
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