Hintergrund zum Hinweisgeberschutzgesetz
Der Hinweisgeberschutz wurde durch die Richtlinie (EU) 2019/1937 auf europäischer Ebene eingeführt und in Deutschland durch das Hinweisgeberschutzgesetz umgesetzt. Ziel dieser Regelungen ist es, Personen, die Missstände in Unternehmen oder Behörden aufdecken, wirksam vor Benachteiligungen oder Repressalien zu schützen. Juristisch betrachtet handelt es sich dabei um ein Gesetzespaket, das Unternehmen verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten und Hinweisgebern, im Sinne von sogenannten Whistleblowern, geschützte Kommunikationswege zu eröffnen.
Für Unternehmen unterschiedlichster Größenordnungen – vom kleinen Betrieb bis hin zum mittelständischen Familienunternehmen – stellt die Umsetzung des Hinweisgeberschutzes einen erheblichen organisatorischen und datenschutzrechtlich sensiblen Prozess dar. Besonders betroffen sind Berufsgruppen, deren Tätigkeit traditionell unter strenger Verschwiegenheitspflicht steht. Dazu zählen insbesondere Steuerberater und Rechtsanwälte.
Sprachliche Stolperfallen im EU-Recht
Ein zentrales Problem bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzes in Deutschland ergibt sich aus einer ungenauen Übersetzung. Der englische Rechtsbegriff legal professional privilege, der auf das geschützte Berufsgeheimnis rechtsberatender Berufe verweist, wurde im Rahmen der deutschen Fassung als „anwaltliches Berufsgeheimnis“ wiedergegeben. Diese Auslegung führt dazu, dass nur Rechtsanwälte von einer Ausnahme im Hinweisgeberschutzgesetz profitieren, während Steuerberater in Deutschland durch diese Regelung nicht erfasst sind.
In der Praxis bedeutet dies, dass Rechtsanwälte, die steuerlich beraten, vom Hinweisgeberschutzgesetz ausgenommen sind, Steuerberater dagegen nicht. Die Folge ist eine ungewünschte Zwei-Klassengesellschaft innerhalb der rechtsberatenden Berufe. Aus Sicht zahlreicher Verbände und Fachvertreter ist dies keinesfalls sachgerecht, da Steuerberater ebenso wie Rechtsanwälte einer strengen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, die auch strafrechtlich abgesichert ist.
Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten
Andere Mitgliedstaaten zeigen, dass eine pragmatische Lösung durchaus möglich ist. Österreich etwa setzte die Richtlinie so um, dass dort Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in gleicher Weise wie Rechtsanwälte vom Hinweisgeberschutzgesetz ausgenommen sind. Damit folgt die österreichische Gesetzgebung konsequent dem ursprünglichen Zweck des europäischen Begriffs legal professional privilege. Für Unternehmen in Österreich bedeutet das, dass Mandatskommunikation sowohl mit Rechtsanwälten als auch mit Steuerberatern in gleichem Maße vor Offenlegung geschützt bleibt.
In Deutschland hingegen führt die restriktive Auslegung zur Unsicherheit in der Praxis. Steuerberater laufen Gefahr, in Konflikt mit ihrer Verschwiegenheitspflicht zu geraten, wenn sie interne Hinweisgebersysteme einrichten oder selbst betroffen sind. Diese Unsicherheiten können besonders für kleine und mittelständische Unternehmen problematisch sein, die auf einen reibungslosen und vertraulichen Austausch mit ihrem Steuerberater angewiesen sind.
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Im Rahmen einer laufenden Bewertung der EU-Richtlinie hat die Europäische Kommission angekündigt, den Begriff legal professional privilege künftig einheitlich und präziser zu übersetzen. Für Berufsverbände wie den Deutschen Steuerberaterverband ist dies eine zentrale Forderung, da nur so eine Gleichbehandlung der Beratungsberufe gewährleistet werden kann. Die Konsultation zur Überprüfung des Hinweisgeberschutzes läuft noch, es ist jedoch absehbar, dass eine Korrektur bis Ende 2026 erfolgen könnte.
Für Unternehmen bedeutet dieser Prozess, dass sich bei der praktischen Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes Änderungen ergeben können, die insbesondere den Umgang mit vertraulichen Informationen zwischen Steuerberatern und ihren Mandanten betreffen. Mit Blick auf die europäische Rechtsentwicklung ist es ratsam, interne Compliance-Strukturen regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Fazit für die Praxis
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist ein wichtiger Bestandteil moderner Compliance-Systeme und bringt für Unternehmen und steuerberatende Berufe gleichermaßen Chancen wie Herausforderungen. Die unklare Abgrenzung, wer tatsächlich vom Berufsgeheimnis geschützt wird, hat zu einer rechtlich wie praktisch unbefriedigenden Situation geführt. Gerade mittelständische Unternehmen, die auf die vertrauliche Beratung durch Steuerberater angewiesen sind, benötigen hier dringend Rechtssicherheit. Sollte die geplante Harmonisierung auf EU-Ebene umgesetzt werden, könnte dies zu einer Entlastung und zur Stärkung des Vertrauens zwischen Mandanten und Beratern beitragen.
Wir begleiten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung solcher gesetzlicher Anforderungen und legen dabei unser Augenmerk auf die Digitalisierung und Prozessoptimierung. Durch unsere Spezialisierung auf effiziente Abläufe in der Buchhaltung und die Einführung digitaler Strukturen konnten wir bereits erheblichen Mehrwert und nachhaltige Kostenersparnisse für unsere Mandanten schaffen.
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