Hintergrund der Entscheidung zur Grunderwerbsteuer
Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrsteuer, die bei Grundstücksübertragungen und auch bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen anfällt, wenn diese zu einer Übertragung oder Vereinigung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften führen. Besonders komplex wird es, wenn mehrere aufeinanderfolgende Anteilserwerbe betroffen sind und die Frage im Raum steht, ob diese steuerlich relevant sind und ob eine Steuerbefreiung nach den Regelungen des Grunderwerbsteuergesetzes in Betracht kommt.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 7. Mai 2025 (Az. II R 16/23) klargestellt, dass die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz nicht daran scheitert, dass ein vorangegangener Erwerbsvorgang selbst nicht steuerbar war. Damit wurde eine bisher offene und praxisrelevante Frage für Unternehmen, die Anteilstransaktionen durchführen, entschieden.
Rechtslage und Bedeutung der Norm
Nach § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz entsteht Grunderwerbsteuer auch dann, wenn mindestens 90 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand vereinigt werden. Diese sogenannte Anteilsvereinigung ist also regelmäßig steuerbar. § 16 Abs. 2 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz sieht jedoch eine Möglichkeit zur Steuerbefreiung vor, wenn eine Rückabwicklung oder Anpassung bestimmter Erwerbsvorgänge innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt. Die Vorschrift soll verhindern, dass bereits gezahlte Steuer auf Erwerbe anfällt, die später durch anderweitige Entwicklungen wirtschaftlich neutralisiert werden.
Strittig war bislang, ob eine solche Rückabwicklung nur dann steuerlich berücksichtigt werden kann, wenn auch der ursprüngliche Erwerbsvorgang seinerseits steuerbar war. Die Finanzverwaltung hatte dies in der Vergangenheit eher bejaht, was für Unternehmen in der Praxis zu erheblichen Mehrbelastungen führen konnte.
Kerngedanken der Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil klargestellt, dass die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz unabhängig davon möglich ist, ob der ursprüngliche Erwerb steuerbar war oder nicht. Damit wird der Fokus auf den späteren steuerbaren Anteilserwerb gelegt. Im Ergebnis bedeutet das, dass bei einer steuerbaren Anteilsvereinigung die Befreiungsvorschrift auch dann greift, wenn der vorausgegangene Erwerbsvorgang steuerlich unbeachtlich war.
Für die Praxis lassen sich aus dieser Entscheidung mehrere Konsequenzen ableiten:
- Unternehmen erhalten mehr Rechtssicherheit bei Umstrukturierungen, die sich über mehrere Stufen erstrecken.
- Die Gefahr einer doppelten Belastung mit Grunderwerbsteuer wird reduziert.
- Planungssicherheit steigt insbesondere für Konzerngesellschaften und mittelständische Unternehmen mit komplexen Beteiligungsstrukturen.
Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Besonders betroffen sind Unternehmen, die im Zuge von Umstrukturierungen oder Anteilskäufen größere Beteiligungen erwerben, etwa bei Unternehmensnachfolgen, Fusionen oder Restrukturierungen innerhalb von Konzernverbünden. Aber auch kleinere und mittlere Unternehmen mit Immobilienbesitz können profitieren, wenn Gesellschaftsanteile übertragen oder neu geordnet werden. Die Entscheidung eröffnet Gestaltungsspielräume, weil sie auch für Fälle gilt, in denen ein erster Anteilserwerb nicht steuerbar war, der spätere Zusammenschluss der Anteile jedoch eine steuerliche Belastung ausgelöst hätte.
Unternehmer, insbesondere auch Onlinehändler oder Pflegeeinrichtungen mit Immobilienvermögen, sollten diese Rechtsprechung im Rahmen ihrer steuerlichen Gestaltung berücksichtigen. Die neue Rechtsprechung kann es in Einzelfällen ermöglichen, Steuerzahlungen zu vermeiden oder bereits gezahlte Steuer zurückzufordern. Steuerberatungskanzleien sollten hier eng mit den Mandanten arbeiten, um bestehende Strukturierungen auf ihre steuerliche Belastung hin zu prüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs bringt eine erhebliche Erleichterung für die Praxis. Sie eröffnet neue Optionen in der steuerlichen Planung von Anteilsübertragungen und stärkt die Position der Steuerpflichtigen gegenüber einer eher restriktiven Verwaltungspraxis. Für Unternehmen, die komplexe gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen vornehmen, ist es daher unabdingbar, diese Regelung frühzeitig in die Planung einzubeziehen und mögliche Rückabwicklungen sorgfältig zu dokumentieren.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, steuerliche Risiken frühzeitig zu erkennen und durch eine intelligente Prozessoptimierung in der Buchhaltung wie auch durch konsequente Digitalisierung langfristig Kosten zu reduzieren. Dank unserer Erfahrung in der Betreuung unterschiedlichster Mandanten – vom kleinen Betrieb bis zum mittelständischen Unternehmen – können wir praxisorientierte Lösungen entwickeln, die rechtssicher und wirtschaftlich sinnvoll sind.
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