Die jüngsten Urteile des Bundesfinanzhofs zur Steuerbefreiung nach § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes haben weitreichende Bedeutung für Unternehmen, die Umwandlungen oder Einbringungen planen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, aber auch kommunale Körperschaften und Pflegeeinrichtungen, stehen zunehmend vor der Herausforderung, betriebliche Strukturen effizient zu organisieren, ohne dabei steuerliche Risiken zu übersehen. Mit seinen Entscheidungen (II R 56/22 und II R 31/22 vom 21. Mai 2025) hat der Bundesfinanzhof präzisiert, unter welchen Voraussetzungen eine Konzernklausel im Sinne von § 6a GrEStG greift und wann die Steuerbefreiung versagt bleibt. Diese Klarstellungen schaffen Rechtssicherheit, erhöhen aber zugleich die Anforderungen an die sorgfältige Vorbereitung und vertragliche Ausgestaltung von Umwandlungsvorgängen.
Steuerbefreiung bei Umwandlungen nach § 6a GrEStG: Voraussetzungen und Hintergrund
Nach § 6a Absatz 1 Grunderwerbsteuergesetz entfällt die Grunderwerbsteuer für bestimmte Rechtsvorgänge, die im Zusammenhang mit Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz stehen. Diese Steuerbefreiung dient der Vermeidung von Doppelbelastungen innerhalb eines Konzerns und soll die Umstrukturierung von Unternehmensgruppen erleichtern. Voraussetzung ist jedoch, dass ein herrschendes Unternehmen und eine oder mehrere von ihm abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Eine Gesellschaft gilt dabei nur dann als abhängig, wenn das herrschende Unternehmen während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach dem betreffenden Vorgang zu mindestens 95 Prozent an ihr beteiligt ist. Diese sogenannte Vor- und Nachbehaltensfrist soll Missbrauch verhindern und sicherstellen, dass es sich tatsächlich um eine konzerninterne Strukturmaßnahme handelt.
Die zentrale Frage, die der Bundesfinanzhof jetzt zu entscheiden hatte, war, ob mehrere Gesellschafter gemeinsam als herrschendes Unternehmen auftreten können, wenn keiner von ihnen die 95-Prozent-Grenze allein erreicht. Zudem ging es um die Abgrenzung zwischen einer Ausgliederung zur Neugründung und einer Ausgliederung zur Aufnahme, insbesondere hinsichtlich der Anwendbarkeit der fünfjährigen Vorbehaltensfrist.
Rechtliche Einordnung und tragende Erwägungen des Bundesfinanzhofs
Im Verfahren II R 56/22 hatte eine aus mehreren natürlichen Personen bestehende Gesellschaft Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft im Wege der Abspaltung zur Neugründung auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft übertragen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs lag hier kein begünstigter Vorgang nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz vor, da es an einem herrschenden Unternehmen fehlte. Eine bloße Gruppe von Gesellschaftern, bei der keiner der Beteiligten für sich genommen die erforderliche 95-Prozent-Beteiligung besitzt, erfüllt die Voraussetzung des herrschenden Unternehmens nicht. Nur wenn die Gesellschafter ihre Beteiligungen in einer rechtsfähigen Gesellschaft gebündelt hätten, wäre eine Zurechnung der Gesamtbeteiligung möglich gewesen. Mangels einer solchen gesellschaftsrechtlichen Struktur blieb die Steuerbefreiung somit versagt.
Im Parallelverfahren II R 31/22 befasste sich der Bundesfinanzhof mit der Übertragung eines kommunalen Betriebs in der Rechtsform einer Ausgliederung zur Aufnahme. Eine Gemeinde hatte den Betrieb einer Versammlungshalle einschließlich Grundstücks auf eine kurz zuvor gegründete Gesellschaft übertragen, an der sie selbst beteiligt war. Auch hier verweigerte der Bundesfinanzhof die Steuerbefreiung. Die Richter stellten klar, dass § 6a Satz 4 Grunderwerbsteuergesetz zwingend verlangt, dass die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der aufnehmenden Gesellschaft bereits fünf Jahre vor dem Umwandlungsvorgang bestanden haben muss. Da die Gemeinde diese Voraussetzung nicht erfüllte, kam eine Befreiung nicht infrage. Der Umstand, dass es sich um eine Ausgliederung zur Aufnahme handelte, änderte daran nichts, da die Einhaltung der Frist rechtlich möglich gewesen wäre. Die vom Gericht vorgenommene Unterscheidung gegenüber der Ausgliederung zur Neugründung, bei der die Vorbehaltensfrist naturgemäß nicht erfüllt werden kann, verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes.
- Damit bestätigt der Bundesfinanzhof die enge Auslegung der Voraussetzungen des § 6a Grunderwerbsteuergesetz.
- Er verdeutlicht zugleich, dass steuerliche Begünstigungen bei Umwandlungen kein Gestaltungsspielraum zur Umgehung der Mindestbeteiligungsfristen sind.
- Diese Rechtsprechung stärkt die Rechtsklarheit und leitet zugleich ein stärkeres Augenmerk der Finanzverwaltung auf die gesellschaftsrechtliche Strukturierung von Umwandlungsvorgängen ein.
Bedeutung für Unternehmen, Körperschaften und gemeinnützige Einrichtungen
Die neuen Urteile sind für Unternehmen aller Größenordnungen von erheblichem praktischen Interesse. Mittelständische Unternehmen, die ihre Konzernstrukturen anpassen, etwa durch Ausgliederung von Immobilienbeständen, sollten frühzeitig prüfen, ob die Anforderungen des § 6a Grunderwerbsteuergesetz erfüllt sind. Besonders kritisch ist die Frage, wer als herrschendes Unternehmen gilt und ob die Beteiligung über den erforderlichen Zeitraum Bestand hat. Für kleine Unternehmen oder Familienunternehmen bedeutet dies, dass auch bei Umwandlungen innerhalb der Gesellschafterkreise sorgfältig auf die Kapitalverhältnisse zu achten ist. Wird eine Beteiligungsstruktur erst kurz vor einer Abspaltung geschaffen, entfällt die Steuervergünstigung, was schnell zu erheblichen Liquiditätsbelastungen führen kann.
Für Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder kommunale Betriebe ist die Entscheidung ebenfalls relevant. Diese Einrichtungen nutzen häufig Umstrukturierungen, um operative und infrastrukturelle Aufgaben zu trennen. Erfolgen solche Maßnahmen im Rahmen von Ausgliederungen, muss die Einhaltung der Vorbehaltensfrist sorgfältig dokumentiert werden. Gemeinden oder sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften können sich nicht auf eine Sonderbehandlung berufen, da der Bundesfinanzhof ausdrücklich betont hat, dass auch sie die Beteiligungsanforderungen beachten müssen. Gleiches gilt für Onlinehändler oder Dienstleistungsunternehmen, die in wachstumsorientierten Strukturen agieren und Immobilien oder Betriebsgrundstücke in eigenständige Gesellschaften ausgliedern.
Aus steuerlicher Planungssicht empfiehlt es sich, Strukturmaßnahmen langfristig vorzubereiten und mögliche Umwandlungsschritte frühzeitig mit steuerlichen und rechtlichen Beratern abzustimmen. Die Gestaltung über Gesellschaften, in denen Beteiligungen gebündelt werden, kann einen Weg bieten, die Voraussetzungen des herrschenden Unternehmens zu erfüllen. Dabei ist jedoch stets zu beachten, dass eine rein konstruktive oder kurzfristige Zwischenschaltung von Gesellschaften regelmäßig am Missbrauchsverbot des Steuerrechts scheitern kann.
Fazit: Klare Leitlinien für die Befreiung nach § 6a GrEStG
Der Bundesfinanzhof hat mit seinen Urteilen erneut betont, dass die Steuerbefreiung bei Umwandlungen nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz strikt an die gesetzlichen Voraussetzungen gebunden ist. Unternehmen sind gut beraten, Umwandlungsvorgänge langfristig zu planen und die Beteiligungsverhältnisse über die volle Dauer der Vor- und Nachbehaltensfristen sicherzustellen. Wer dagegen erst kurzfristig eine Struktur schafft oder Beteiligungen nicht in einer rechtlich eigenständigen Gesellschaft bündelt, riskiert den Verlust der Steuerbefreiung und damit erhebliche steuerliche Mehrbelastungen. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen, kommunale Betriebe und Einrichtungen des Gesundheitswesens ergibt sich daraus die Notwendigkeit, jede Umwandlung mit steuerlicher Präzision zu gestalten. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen unterschiedlichster Branchen bei der Digitalisierung und Prozessoptimierung der Buchhaltung, insbesondere im Hinblick auf die steuerrechtliche Strukturierung komplexer Vorgänge. Durch effiziente digitale Prozesse und klar definierte Prüfmechanismen helfen wir, steuerliche Risiken zu vermeiden und Kosten langfristig zu senken.
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