Die jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15. Mai 2025 (Az. V R 33/23) bringt Klarheit in eine bisher umstrittene Frage: Wann kann eine Gesellschaft, die Unterricht anbietet, von der Gewerbesteuer befreit sein? Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass eine GmbH, die über ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Unterricht an einer berufsbildenden Einrichtung erteilt, selbst keine solche Einrichtung im Sinne von § 3 Nr. 13 Gewerbesteuergesetz ist. Damit unterliegt der Gewinn aus dieser Tätigkeit grundsätzlich der Gewerbesteuer. Für viele Unternehmen im Bildungssektor, aber auch für Steuerberatende, die Mandanten aus diesem Bereich betreuen, ist dieses Urteil von erheblicher Bedeutung, da es die Abgrenzung zwischen Unterrichtsleistungen und Bildungsträgerschaften erneut schärft.
Einordnung des BFH-Urteils und gesetzlicher Hintergrund
§ 3 Nr. 13 Gewerbesteuergesetz sieht eine Steuerbefreiung für berufsbildende Einrichtungen vor. Ziel der Norm ist es, solche Institutionen zu fördern, die selbst Träger einer Bildungseinrichtung sind und unmittelbar Bildungsleistungen am Markt anbieten. Die Besonderheit im entschiedenen Fall lag darin, dass die Klägerin – eine GmbH – selbst keine eigenen Lehrveranstaltungen organisierte, sondern ihre Unterrichtsleistung über ihren Geschäftsführer als Dozent an eine fremde Fortbildungseinrichtung erbrachte. Diese Fortbildungseinrichtung bereitete Teilnehmende auf Prüfungen der Industrie- und Handelskammern vor und beschäftigte zahlreiche freie Dozenten auf Honorarbasis. Das Finanzamt unterwarf daher die Einnahmen der GmbH der Gewerbesteuer. Das Finanzgericht hatte demgegenüber zunächst Steuerfreiheit bejaht, wurde nun jedoch durch das Revisionsurteil des Bundesfinanzhofs korrigiert.
Der Bundesfinanzhof grenzte die Vorschrift systematisch von der Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz ab. Während diese Vorschrift zunächst nur für Bildungseinrichtungen galt, wurde sie später dahin erweitert, dass auch selbständige Lehrer von der Umsatzsteuer befreit werden können, wenn sie unmittelbar Bildungszwecken dienen. Das Gewerbesteuerrecht hingegen folgt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keiner dynamischen Verweisung mehr auf die umsatzsteuerrechtliche Regelung. Das bedeutet, dass eine GmbH zwar umsatzsteuerliche Begünstigungen für Unterrichtsleistungen in Anspruch nehmen kann, diese aber nicht automatisch zu einer gewerbesteuerlichen Befreiung führen. Entscheidend bleibt, ob die Gesellschaft selbst als Träger einer berufsbildenden Einrichtung anzusehen ist, was hier verneint wurde.
Rechtliche Einordnung und Argumentationsstruktur des Gerichts
Die Begründung des Bundesfinanzhofs folgt einer klaren Auslegung der gesetzlichen Norm unter Berücksichtigung des Normzwecks und ihrer historischen Entwicklung. Wesentlicher Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 13 Gewerbesteuergesetz dem Schutz der institutionellen Bildungsträger dient und nicht dazu bestimmt ist, die Tätigkeit einzelner Dozenten oder Unterrichtsdienstleister zu privilegieren. Das Gericht stellte insbesondere heraus, dass eine GmbH, die Unterricht fremder Bildungsträger erbringt, keine eigene organisatorische und pädagogische Verantwortung für die Ausbildung der Schüler trägt. Damit fehlt das Merkmal der eigenen bildungsträgerischen Tätigkeit.
Folgende zentrale Erwägungen lassen sich aus dem Urteil ableiten:
- Der Wortlaut von § 3 Nr. 13 Gewerbesteuergesetz knüpft an den Begriff der Einrichtung an, der eine organisatorische Selbstständigkeit voraussetzt.
- Die historische Entwicklung zeigt, dass ursprünglich eine Anknüpfung an § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz bestand, diese aber nach der Gesetzesänderung weggefallen ist. Eine dynamische Verweisung auf umsatzsteuerliche Änderungen wurde vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt.
- Die systematische Stellung innerhalb des Gewerbesteuerrechts zeigt, dass die Befreiung eng auszulegen ist und nur auf Einrichtungen selbst anwendbar ist.
- Die teleologische Betrachtung, also der Blick auf den Zweck der Norm, unterstreicht, dass die Förderung des Bildungswesens nur auf institutionelle Träger zielt, nicht auf deren beauftragte Dienstleister.
Mit diesem restriktiven Verständnis zieht der Bundesfinanzhof eine klare Linie zwischen pädagogischer Leistungserbringung und organisatorischer Bildungsinstitution. Dadurch wird die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung gestärkt, auch wenn dies in der Praxis zu steuerlichen Mehrbelastungen bei kleineren Bildungsgesellschaften führen kann.
Auswirkungen für Unternehmen, Steuerberatung und Bildungsanbieter
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die Bildungsleistungen erbringen, wie etwa Fortbildungs-GmbHs, Schulungseinrichtungen im Pflegebereich oder Onlineakademien, ergibt sich aus der Entscheidung die Notwendigkeit, ihre Struktur steuerlich neu zu bewerten. Wer lediglich Unterricht im Auftrag anderer Träger erbringt, kann sich künftig nicht mehr auf eine Gewerbesteuerbefreiung berufen. Das gilt auch, wenn die Leistungen umsatzsteuerlich nach § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz steuerfrei sind. Entscheidend bleibt, ob das Unternehmen als eigenständiger Bildungsträger agiert oder nur eine Dienstleistung für Dritte erbringt. Für Steuerberatende bedeutet dies, Mandanten präzise auf diese Differenzierung hinzuweisen und ggf. notwendige organisatorische Anpassungen zu empfehlen.
Pflegeeinrichtungen, die eigene Fortbildungsangebote für Pflegefachkräfte aufbauen, können im Gegensatz zu bloßen Trainingsdienstleistern unter bestimmten Umständen als berufsbildende Einrichtungen im Sinne des Gewerbesteuerrechts gelten, sofern sie über eine eigenständige Bildungsorganisation mit Konzept, Lehrkräften und curricularer Verantwortung verfügen. Für Onlinehändler, die Schulungen im E-Commerce oder in IT-Sicherheitsfragen anbieten, ist dieses Urteil ebenfalls relevant, wenn solche Bildungsangebote über verbundene Gesellschaften organisiert werden. Hier kann die Frage, ob eine eigenständige Bildungseinrichtung vorliegt, auch für Förderungs- und Steuerzwecke entscheidend sein.
Für Finanzinstitutionen und Investoren, die Bildungsunternehmen finanzieren, liefert das Urteil wichtige Anhaltspunkte für die steuerliche Due-Diligence-Prüfung. Der gewerbesteuerliche Status kann künftig ein Risikofaktor in der Unternehmensbewertung sein, da vermeintliche Steuerbefreiungen entfallen können. Daher sollten Strukturen und Mandantenverträge daraufhin überprüft werden, ob die Lehrtätigkeit innerhalb einer organisatorisch eigenständigen Bildungseinrichtung erfolgt oder lediglich als ausgelagerte Leistung.
Fazit: Klare Abgrenzung zwischen Dozentenleistungen und Bildungsträgerschaft
Das Urteil des Bundesfinanzhofs zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Unterrichtsleistungen schafft Rechtssicherheit in einem bislang unklaren Bereich. Es stellt klar, dass nur die Träger berufsbildender Einrichtungen von der Gewerbesteuer befreit werden können, nicht jedoch Unternehmen, die im Auftrag solcher Einrichtungen Unterricht anbieten. Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung der organisatorischen Verantwortlichkeiten und der Vertragsstrukturen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen im Bildungswesen ist diese Klarstellung bedeutsam, um ihre steuerliche Position realistisch einzuschätzen und gegebenenfalls neu zu strukturieren. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Prozesse in der Buchhaltung zu digitalisieren, steuerliche Risiken zu erkennen und durch effiziente Prozessoptimierungen Kosten nachhaltig zu senken. Wir begleiten Mandanten aus verschiedensten Branchen – vom Bildungsbereich über Pflegeeinrichtungen bis hin zum Onlinehandel – mit umfassender Erfahrung in Digitalisierung und Prozessoptimierung.
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