Aktuelle Entscheidung zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Lehrtätigkeiten
Der Bundesfinanzhof hat mit seiner Entscheidung vom 15. Mai 2025 zur Auslegung des Begriffs der berufsbildenden Einrichtung nach § 3 Nr. 13 Gewerbesteuergesetz klargestellt, dass eine GmbH, die ausschließlich über ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Unterrichtstätigkeiten für eine andere Bildungseinrichtung ausführt, keine gewerbesteuerliche Steuerbefreiung beanspruchen kann. Der Fall betraf eine Konstellation, die insbesondere in der Erwachsenenbildung und bei freien Bildungsträgern häufig vorkommt: Eine Gesellschaft wird von einem Fachdozenten geführt, der für eine externe Fortbildungseinrichtung unterrichtet, ohne dass die Gesellschaft selbst eigene Bildungsinhalte entwickelt oder Teilnehmer direkt betreut.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind Einkünfte von berufsbildenden Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit. Voraussetzung ist jedoch, dass die Einrichtung tatsächlich selbst Bildungsveranstaltungen organisiert und durchführt, die der Berufsausbildung oder beruflichen Fortbildung dienen. Durch die aktuelle Rechtsprechung wird nun deutlich, dass die bloße Überlassung oder Tätigkeit eines Dozenten nicht ausreichend ist, um eine eigene berufsbildende Einrichtung anzunehmen.
Begriff der berufsbildenden Einrichtung und seine steuerliche Relevanz
Der Begriff der berufsbildenden Einrichtung spielt eine zentrale Rolle für die steuerliche Privilegierung bestimmter Bildungsträger. Eine berufsbildende Einrichtung liegt vor, wenn sie eigenverantwortlich Bildungsmaßnahmen durchführt, die auf den Erwerb, die Erhaltung oder die Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten gerichtet sind. Entscheidend ist dabei die organisatorische und inhaltliche Gestaltungshoheit über die Bildungsmaßnahme. Wird eine Lehrkraft im Auftrag oder in den Räumen einer anderen Institution tätig und handelt diese Institution als Veranstalter, fehlt es an der notwendigen Eigenständigkeit. Eine Kapitalgesellschaft, deren einziger Zweck es ist, die Lehrtätigkeit ihres Gesellschafters zu fakturieren, wird steuerlich wie ein gewerbliches Unternehmen behandelt.
Aus praktischer Sicht bedeutet dies, dass Körperschaften wie GmbHs oder UG haftungsbeschränkt, die Unterrichtsleistungen vermitteln oder anbieten, sorgfältig prüfen müssen, ob sie tatsächlich selbst Bildungsangebote verantworten. Erfolgt die Leistungserbringung in der Organisationsstruktur einer anderen Bildungseinrichtung, so entfällt die Steuerbefreiung. Dadurch unterliegt der Gewinn dem Gewerbesteuertatbestand, was insbesondere bei höheren Umsätzen spürbare finanzielle Auswirkungen haben kann.
Praxisfolgen für Unternehmen und Bildungsträger
Für kleine und mittelständische Unternehmen im Bildungssektor, für freiberufliche Dozenten mit Kapitalgesellschaft sowie für Träger von Fortbildungseinrichtungen erfordert die Entscheidung eine genaue Analyse der eigenen Geschäftsstruktur. Pädagogische Tätigkeiten gelten nur dann als von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Gesellschaft oder der Unternehmer selbst Träger der Bildungsmaßnahme ist und somit als Veranstalter nach außen in Erscheinung tritt. Die entscheidenden Faktoren sind hierbei die Kontrolle über Lehrinhalte, die Verantwortung für den Ablauf des Unterrichts und die Vertragsbeziehungen zu den Teilnehmern. Liegt diese Verantwortung bei einem anderen Institut, wird die Tätigkeit gewerblich eingeordnet.
Unternehmer, die bisher von einer Steuerbefreiung ausgegangen sind, sollten daher ihre vertraglichen Beziehungen zu Auftraggebern überprüfen und gegebenenfalls neu strukturieren. Dies gilt insbesondere für Bildungseinrichtungen im Gesundheitswesen, für Schulungsanbieter in der Pflegebranche und für Onlineakademien, die externe Lehrkräfte einsetzen. Eine klare vertragliche und organisatorische Trennung zwischen der eigenen Bildungsorganisation und der Auftragslehrtätigkeit kann helfen, steuerliche Risiken zu vermeiden. Wichtig ist auch, die Einnahmen der Gesellschaft nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung zu dokumentieren, um Schwierigkeiten bei Betriebsprüfungen zu vermeiden.
Fazit und Empfehlungen
Die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs schafft wichtige Klarheit über die Grenzen der gewerbesteuerlichen Befreiung im Bildungsbereich. Sie verdeutlicht, dass steuerliche Privilegien stets an die eigenverantwortliche Durchführung von Bildungsmaßnahmen geknüpft sind. Unternehmen, die im Lehrbetrieb tätig sind, sollten ihre Geschäftsmodelle im Hinblick auf diese Vorgaben prüfen, um unvorhergesehene Steuerbelastungen zu vermeiden. Für Kapitalgesellschaften kann der Wegfall der Gewerbesteuerfreiheit erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisrechnung und die Finanzplanung haben. Wer Lehrtätigkeiten über eine eigene Gesellschaft organisiert, muss daher darauf achten, dass diese auch rechtlich und organisatorisch als Bildungsträger anzusehen ist.
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