Bedeutung der Fristwahrung im Unternehmensalltag
Die Einhaltung von Fristen ist für Unternehmen, Steuerberaterinnen und Steuerberater sowie für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein zentrales Thema. Wer etwa gegen einen Beschluss eines Gerichts oder einer Behörde vorgehen möchte, muss innerhalb klar definierter Zeiträume handeln. Andernfalls droht ein unheilbarer Rechtsverlust. Der Begriff der Fristwahrung bezeichnet das rechtzeitige Einreichen eines Schriftstücks, sei es eine Beschwerde, ein Einspruch oder eine Steuererklärung. Kommt dieses Schriftstück nach Ablauf der Rechtsmittelfrist an, obwohl es innerhalb der Frist versendet wurde, gilt die Handlung regelmäßig als verspätet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, also die nachträgliche Zulassung einer verspäteten Eingabe, wird nur unter engen Voraussetzungen gewährt.
Die jüngere Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat diesen Bereich maßgeblich konkretisiert und Unternehmen sowie deren rechtliche Vertreter in besonderer Weise sensibilisiert. Anlass war ein Beschluss vom 18. September 2025 (Az. 6 UF 176/25), der auf die Risiken der postalischen Übermittlung nach der Postrechtsreform 2024 eingeht. Die Kernaussage: Wer sich auf Zustellfristen verlassen muss, darf Postsendungen nicht erst am letzten Tag oder kurz davor auf den Weg bringen.
Rechtslage nach der Postrechtsreform 2024
Die Postrechtsreform hat den Rahmen für sogenannte Universaldienstanbieter wie die Deutsche Post neu gefasst. Nach § 18 Absatz 1 Postgesetz sind diese verpflichtet, im Jahresdurchschnitt 95 Prozent der an einem Werktag eingelieferten Briefe bis spätestens am dritten darauffolgenden Werktag und 99 Prozent bis zum vierten Werktag zuzustellen. Das bedeutet im Klartext: Der Gesetzgeber gewährt längere Laufzeiten, die im Rechtsverkehr zwingend berücksichtigt werden müssen. Auf die bis 2024 geltende Post-Universaldienstleistungsverordnung, die eine Zustellung typischerweise bereits am ersten oder zweiten Werktag vorsah, können sich Beteiligte nicht mehr berufen.
Für Unternehmen, die regelmäßig fristgebundene Mitteilungen an Behörden, Gerichte oder Geschäftspartner versenden, ist dies von erheblicher praktischer Relevanz. Der frühere Erfahrungswert, dass ein Brief meist am nächsten Tag sein Ziel erreicht, ist nicht mehr verlässlich. Selbst bei Einschreiben entspricht eine spätere Zustellung nun der gesetzlichen Systematik und kann nicht als unvorhersehbare Ausnahme gewertet werden. Verspätungen führen also unmittelbar zum Verlust von Rechten, wenn keine größere Zeitreserve eingeplant wird.
Konsequenzen für Unternehmen und Beratende
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat im genannten Fall betont, dass es in der alleinigen Verantwortung der Absender liegt, Fristsachen so rechtzeitig einzuleiten, dass ein sicherer Eingang innerhalb der Frist gewährleistet ist. Dies betrifft alle unternehmerischen Akteure, vom kleinen Onlinehändler bis hin zu Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern, die für rechtliche und steuerliche Angelegenheiten auf fristgerechte Schriftstücke angewiesen sind. Auch Steuerberaterinnen und Steuerberater, die Rechtsmittel einlegen, müssen ihre Arbeitsabläufe anpassen.
Aus praktischer Sicht bedeutet dies, dass beim Versand per Post von mindestens drei Werktagen Laufzeit auszugehen ist. Wer erst am Wochenende tätig wird und den Montag als letzten Tag der Frist im Blick hat, handelt auf eigenes Risiko. Wiedereinsetzungen wegen verspäteter Laufzeit werden nach den derzeitigen Vorgaben nicht bewilligt, weil die längere Transportdauer nicht als unverschuldet gilt. Unternehmen sollten daher frühzeitige Prozesse etablieren und den Einsatz digitaler Kommunikationsmittel verstärkt prüfen.
Für kleinere Unternehmen, die Fristen oft selbst organisieren, ist der Handlungsbedarf besonders hoch. Mittelständische Unternehmen mit eigener Verwaltungsabteilung müssen interne Kontrollsysteme schaffen, damit Fristen nicht am Wochenende mit einem hoffnungsvollen letzten Briefversand enden. Beratende Kanzleien stehen dabei in der Pflicht, ihre Mandanten vorausschauend über diese Änderungen aufzuklären.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt zeigt eindrücklich, dass rechtliche und steuerliche Fristen nur mit ausreichendem Puffer eingehalten werden können. Die Zeiten, in denen der postalische Versand innerhalb eines einzigen Werktages erwartbar war, sind endgültig vorbei. Unternehmen sollten ihre internen Abläufe überprüfen und gegebenenfalls digitale Alternativen nutzen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die elektronische Übermittlung von Schriftsätzen, die Nutzung von sicheren Datenräumen oder der direkte Zugang zu Gerichtsportalen sind probate Mittel, um den Zeitverlust durch den Postweg zu vermeiden. Wer dennoch auf den klassischen Brief setzt, muss mindestens drei zusätzliche Werktage einkalkulieren und sollte seine internen Prozesse entsprechend anpassen.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, nicht nur juristische Risiken durch verspätete Fristen zu vermeiden, sondern auch die gesamte Buchhaltung und Verwaltung effizienter zu gestalten. Mit einem klaren Fokus auf Digitalisierung und Prozessoptimierung helfen wir, Abläufe zu beschleunigen, Kosten zu senken und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
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