Digitale Akteneinsicht als rechtssicherer Standard im Geschäftsverkehr
Die Digitalisierung juristischer und administrativer Prozesse schreitet zügig voran. Besonders bei der Akteneinsicht, also dem Recht auf Einsicht in amtliche Akten im Rahmen eines Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens, werden elektronische Verfahren zunehmend zur Regel. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 8. September 2025 (Az. 2 ORbs 95/25) klargestellt, dass die Übermittlung elektronisch geführter Bußgeldakten in Hessen rechtmäßig in Form eines standardisierten PDF/A-Dokuments erfolgen kann. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung, weil sie die elektronische Kommunikation zwischen Behörden, Unternehmen und Rechtsvertretungen auf eine klare technische und rechtliche Grundlage stellt.
Das PDF/A-Format, eine archivtaugliche Variante des bekannten Portable Document Format, garantiert, dass Dokumente unabhängig von Betriebssystem oder Software in identischer Form reproduziert werden können. Somit stellt es sicher, dass der Empfänger die Originalstruktur und -inhalte exakt so wiedergibt, wie sie in der behördlichen Akte enthalten sind. Im konkreten Fall rügte der Betroffene, dass ihm das Fahrerfoto nicht im ursprünglichen Bildformat, sondern im PDF-Format übermittelt wurde. Das Gericht sah hierin keinen Verstoß gegen die Rechte des Betroffenen, solange das PDF-Dokument inhaltlich vollständig und technisch verlustfrei die Originaldatei wiedergibt.
Rechtliche Grundlagen und technische Aspekte der Akteneinsicht
Die Akteneinsicht ist in § 49 Ordnungswidrigkeitengesetz und § 32f Strafprozessordnung geregelt. Nach diesen Vorschriften kann die Einsicht in elektronischer Form durch Bereitstellung eines sogenannten Repräsentats erfolgen. Der Begriff bezeichnet das offizielle elektronische Abbild der Originalakte. Dieses wird aus Gründen der Standardisierung, Nachvollziehbarkeit und Rechtssicherheit in ein einheitliches Format überführt. Das Oberlandesgericht betonte, dass die Akteneinsicht über PDF/A nicht nur eine technische, sondern auch eine organisatorische Maßnahme darstellt, die die Gleichbehandlung der beteiligten Parteien gewährleistet.
Durch die Festlegung eines einzigen Dateiformats wird die Kompatibilität zwischen den verschiedenen IT-Systemen gesteigert. Dies ist vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen, die mit Behörden elektronisch kommunizieren, von erheblicher Bedeutung. Sie können sich auf ein standardisiertes Verfahren verlassen, das kostspielige Anpassungen oder spezielle Softwarelösungen überflüssig macht. Auch Rechtsanwaltskanzleien und Steuerberatungsgesellschaften profitieren hiervon, da sie Dokumente ohne Konvertierung oder technische Umwege bearbeiten und archivieren können.
Informationsparität und Rechte der Betroffenen
Ein zentraler Aspekt der Entscheidung betrifft die sogenannte Informationsparität. Dieser Begriff beschreibt das verfassungsrechtlich abgesicherte Prinzip, dass ein Betroffener über die gleichen Informationen verfügen muss wie die verfahrensführende Behörde. Das Gericht stellte klar, dass die Übermittlung eines PDF/A-Dokuments diesem Grundsatz genügt, solange keine relevanten Inhalte ausgelassen werden. Sollte jedoch die Einsicht in zusätzliche Dateien beantragt werden, die nicht Bestandteil des Repräsentats sind, verlangt die Rechtslage nach einem begründeten Antrag. Die Behörde ist dann verpflichtet zu prüfen, ob ein berechtigtes Interesse besteht, diese weiteren Dateien offenzulegen.
Diese Regelung dient dem Schutz sensibler Daten und stärkt gleichzeitig die Verfahrenseffizienz. In der Praxis bedeutet das, dass etwa in Bußgeldverfahren, aber auch in verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzungen, die Akteneinsicht künftig ohne physischen Aktenversand oder persönlichen Behördentermin abgewickelt werden kann. Damit reduziert sich der Verwaltungsaufwand erheblich, insbesondere für Unternehmen mit regelmäßigen Berührungspunkten zum Ordnungswidrigkeiten- oder Steuerrecht, etwa Logistikunternehmen, Taxi- und Pflegebetriebe oder andere gewerbliche Flottenbetreiber.
Praktische Bedeutung für Unternehmen und Kanzleien
Für Unternehmen bringt die Entscheidung einen weiteren Schritt in Richtung digitaler Compliance. Geschäftsführende und Verantwortliche im Rechnungswesen oder in der internen Revision können digitale Akten künftig mit höherer Rechtssicherheit verarbeiten, archivieren und weitergeben. Auch für Steuerberatungsgesellschaften und Wirtschaftsprüfer eröffnet sich ein effizienterer Umgang mit behördlichen Dokumenten, da die Standardisierung des PDF/A-Formats auch in der Buchführung und bei der Aufbewahrung von Unterlagen genutzt werden kann. Die Beweissicherheit und Nachvollziehbarkeit einer digitalen Akte stehen der Papierform in keiner Weise nach. Zudem erlaubt der elektronische Zugriff eine deutliche Beschleunigung von Entscheidungsprozessen, was für Unternehmen mit hohem Verwaltungsaufkommen unmittelbare Kostenvorteile bedeutet.
Bemerkenswert ist, dass die Form der Akteneinsicht von der Behörde bestimmt wird und rechtlich nicht anfechtbar ist, solange sie den gesetzlichen Vorgaben genügt. Diese Feststellung schafft Investitionssicherheit in die digitale Infrastruktur, denn sie verhindert langwierige Streitigkeiten über technisch-formale Aspekte. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit den Anforderungen an den sicheren Datenaustausch und die elektronische Signatur vertraut machen, um im Behördenkontakt bestmöglich vorbereitet zu sein.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt markiert einen wichtigen Meilenstein in der Vereinheitlichung digitaler Verwaltungsprozesse. Sie bekräftigt, dass die elektronische Akteneinsicht über PDF/A ein vollwertiges und rechtssicheres Verfahren darstellt. Für Unternehmen bedeutet dies eine Vereinfachung im Umgang mit Behörden und eine weitere Annäherung an vollständig digitale Verwaltungsabläufe. Langfristig ist zu erwarten, dass das Modell auch auf andere Bereiche der Justiz und Wirtschaft übertragen wird, um Effizienz und Transparenz im Verwaltungshandeln zu steigern.
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