Neue Rahmenbedingungen zur Einführung der elektronischen Akte
Die elektronische Akte ist ein zentrales Element der digitalen Transformation der Justiz. Sie soll Aktenbearbeitung, Dokumentenaustausch und Vorgangsmanagement effizienter, transparenter und revisionssicher gestalten. Während die verbindliche Einführung bundesweit ursprünglich zum 1. Januar 2026 vorgesehen war, hat die Bundesregierung nun eine Übergangsregelung beschlossen. Diese erlaubt es Bund und Ländern, unter bestimmten Voraussetzungen noch bis zum 1. Januar 2027 Papierakten fortzuführen. Rechtlich umgesetzt wird dies durch eine sogenannte Opt-out-Regelung, die im Verordnungswege anwendbar ist und eine befristete Ausnahme von der elektronischen Führung erlaubt.
Der Begriff Opt-out-Regelung bezeichnet im juristischen Kontext das Recht, sich unter klar definierten Bedingungen von einer an sich verpflichtenden Regelung zeitlich und sachlich befristet auszunehmen. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Führung von Prozessakten in Papierform, wenn technische, organisatorische oder strukturelle Hindernisse einer vollständigen digitalen Umstellung im Wege stehen.
Konkrete Ausnahmen und Anwendungsbereiche
Besonders bedeutsam ist die Regelung für die Strafgerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften. Bis Anfang 2027 bleibt es ihnen möglich, Ermittlungsakten weiterhin in Papierform zu führen, sollte die Polizei ihre Ermittlungsergebnisse nicht digital übermitteln können. Dies verhindert Brüche in der Aktenführung und stellt sicher, dass Ermittlungsverfahren nicht durch technische Hürden verzögert werden. Auch in Fällen, in denen elektronische Datenformate nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand in bestehende Systeme integriert werden können, soll die Fortführung von Papierakten zulässig bleiben. Damit wird der Übergang auf die digitale Aktenführung nicht in jedem Einzelfall erzwungen, sondern flexibel an die technische Realität der Behörden angepasst.
Für Unternehmerinnen und Unternehmer, die regelmäßig mit der Justiz in Berührung kommen, etwa im Rahmen von Zivilverfahren oder bei der Überprüfung von Vertragsdokumentationen, ist diese zusätzliche Übergangsfrist von hoher Relevanz. Sie bedeutet, dass Prozessbeteiligte noch einige Zeit sowohl mit Papier- als auch mit elektronischen Akten umgehen müssen und sich somit auf hybride Verfahren einstellen müssen.
Praktische Implikationen für Unternehmen
Die Übergangsphase bis 2027 stellt auch Unternehmen vor spezifische organisatorische Herausforderungen. Für Rechtsabteilungen in mittelständischen Unternehmen oder für Akteure wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die häufig mit gerichtlichen Fragestellungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit konfrontiert sind, bleibt es entscheidend, parallele Systeme zu beherrschen. Einerseits erfordert die Arbeit mit elektronischen Akten die technische Ausstattung und die Kenntnis im Umgang mit elektronischen Signaturen und sicheren Übertragungswegen. Andererseits dürfen bestehende papierbasierte Aktenbestände nicht vernachlässigt werden, sodass ein strukturiertes Dokumentenmanagement notwendig ist, das beide Formen zuverlässig abbildet.
Besonders für kleinere Unternehmen, die weniger interne rechtliche Ressourcen haben, kann die hybride Aktenführung zu einem erheblichen organisatorischen Aufwand führen. Sie müssen daher prüfen, ob interne IT-Systeme und Prozesse bereits so aufgestellt sind, dass Akten nicht nur in Papierform, sondern auch digital und revisionssicher verwaltet werden können. Onlinehändler, die in Vertrags- oder Wettbewerbsstreitigkeiten verwickelt sind, sollten sicherstellen, dass relevante Dokumentationen elektronisch griffbereit vorliegen, da elektronische Übermittlungswege zunehmend etabliert werden und die Justiz mittelfristig keine Papieroption mehr bereithalten wird.
Fazit und Empfehlungen
Die beschlossene Übergangsregelung ermöglicht eine Entlastung für Behörden und Unternehmen, die von der Umstellung auf die elektronische Akte betroffen sind. Bis 2027 bleibt ein gewisser Handlungsspielraum, der dazu genutzt werden sollte, interne Strukturen, digitale Prozesse und Schnittstellen frühzeitig zu optimieren. Unternehmen, die diesen Zeitraum effektiv nutzen, vermeiden spätere Engpässe und sichern langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit durch effizientere Abläufe im Dokumenten- und Verfahrensmanagement. Gerade für mittelständische Unternehmen bietet diese Zeit die Gelegenheit, sich auf die vollständige Digitalisierung ihrer Aktenverwaltung vorzubereiten und gleichzeitig bestehende Schwachpunkte in der Organisation zu beheben.
Unsere Kanzlei begleitet Unternehmen verschiedenster Größe auf diesem Weg und unterstützt bei der Digitalisierung sowie der Optimierung interner Buchhaltungs- und Verwaltungsprozesse. Wir zeigen, wie sich durch strukturierte Prozessoptimierung erhebliche Kosten einsparen lassen und helfen dabei, rechtliche sowie organisatorische Anforderungen an eine moderne und revisionssichere Aktenführung nachhaltig zu erfüllen.
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