Neuer Rechtsrahmen für digitale Steuerbescheide
Mit der Fortentwicklung der Abgabenordnung auf Grundlage des Bürokratieentlastungsgesetzes IV wird die elektronische Bekanntgabe von Steuerbescheiden ab 2026 zu einem zentralen Bestandteil der Verwaltungspraxis. Während ursprünglich vorgesehen war, dass Verwaltungsakte grundsätzlich digital durch Bereitstellung zum Abruf bekannt gegeben werden, hat der Gesetzgeber kurz vor Jahresende Anpassungen vorgenommen. Diese betreffen insbesondere die Anwendung des Paragrafen 122a der Abgabenordnung, der die elektronische Übermittlung regelt. Statt wie geplant ab Januar 2026 soll die neue Regelung erst ab 2027 vollständig gelten. Damit bleibt für das Kalenderjahr 2026 eine Übergangsphase bestehen, in der die Finanzämter weiterhin im Einzelfall über die Form der Bekanntgabe entscheiden können.
Die Anpassung wurde im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Mindeststeuergesetzes beschlossen und verdeutlicht, dass der Gesetzgeber die Praxisfähigkeit der Umstellung nochmals prüfen möchte. Die elektronische Bekanntgabe bedeutet in der Verwaltungssprache, dass der Verwaltungsakt – also der Steuerbescheid – über eine Plattform wie ELSTER oder die Vollmachtsdatenbank digital bereitgestellt wird, anstatt postalisch zugestellt zu werden. Damit soll langfristig eine beschleunigte Kommunikation zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen gewährleistet und Papierverfahren weitgehend abgelöst werden.
Einwilligung und Datenabruf im Jahr 2026
Für viele Steuerberater und Unternehmen war zunächst unklar, ob nach der Gesetzesänderung ab 2026 überhaupt noch eine aktive Einwilligung in die digitale Bekanntgabe möglich sein würde. Nach aktueller Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen bleibt diese Möglichkeit jedoch weiterhin bestehen. Steuerpflichtige oder ihre bevollmächtigten Personen können weiterhin durch eine Einwilligung die Bereitstellung des Steuerbescheids zum Datenabruf aktiv herbeiführen. Sowohl das ELSTER-Portal als auch die Vollmachtsdatenbank berücksichtigen diese Zustimmung auch ab 2026. Damit bleibt die bewährte Praxis zunächst unverändert.
Diese Regelung ist von hoher Relevanz für Unternehmen, die bereits vollständig digitalisiert arbeiten oder ihre steuerlichen Prozesse weitgehend elektronisch abwickeln. Für sie ist es wichtig, dass die digitalen Schnittstellen weiterhin genutzt werden können, um doppelte Prozesse zwischen digitaler und postalischer Kommunikation zu vermeiden. Die Finanzverwaltung hat bestätigt, dass die Einwilligung in elektronischer Form weiterhin eine rechtsgültige Grundlage für die Bekanntgabe darstellt, sofern sie technisch dokumentiert wurde.
Entscheidend ist dabei der Grundsatz, dass die Einwilligung nicht mehr ausdrücklich im Gesetzestext erwähnt, jedoch von der Praxis weiterhin angewendet wird. Der rechtliche Hintergrund liegt in der fortbestehenden Regelungsmacht der Finanzverwaltung, die in der Verwaltungspraxis auf Grundlage der bisherigen Handhabung agiert. Eine Änderung dieses Vorgehens wäre erst für die Zeit nach dem 1. Januar 2027 zu erwarten, wenn das neue Bekanntgabeverfahren zur verbindlichen Regel wird.
Postalische Bekanntgabe bleibt in der Übergangsphase möglich
Unternehmen, die weiterhin einen Papierbescheid wünschen, müssen in der Übergangszeit im Jahr 2026 keinen gesonderten Antrag stellen. Erst ab dem Jahr 2027 wird dafür ein formeller Antrag erforderlich sein, der nach Auskunft der Verwaltung künftig auch elektronisch gestellt werden kann. Diese Anpassung schafft für steuerpflichtige Unternehmen, Steuerberatungskanzleien und Finanzabteilungen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und mittelständischen Betrieben eine klare Übergangsregelung, die sowohl organisatorisch als auch technisch Zeit für Umstellungen gewährt.
Die Entscheidung, auch im Jahr 2026 noch postalische Bescheide ohne formalen Antrag zuzulassen, sorgt für Planungssicherheit. Gleichzeitig wird der administrative Aufwand reduziert, da Steuerpflichtige und ihre Berater in diesem Zeitraum frei wählen können, ob sie die digitale oder die herkömmliche Zustellung bevorzugen. Besonders für kleinere Unternehmen, die erst schrittweise auf digitale Prozesse umstellen, ist dies ein wesentlicher Vorteil. Sie erhalten genügend Spielraum, um ihre internen Buchhaltungs- und Dokumentationsprozesse an die kommenden Anforderungen anzupassen.
Die Möglichkeit zur papierbasierten Bekanntgabe ist jedoch nur als Übergang gedacht. Ab 2027 strebt die Finanzverwaltung eine ausschließlich digitale Verfahrensweise an, die den Schriftverkehr in Steuerverfahren beschleunigen und ressourcenschonender gestalten soll. Ziel ist eine vollständig automatisierte Kommunikation zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden über die vorgesehenen Portale.
Fazit: Digitale Transformation mit Augenmaß
Die nun beschlossenen Anpassungen zeigen, dass die Finanzverwaltung eine ausgewogene Balance zwischen technologischem Fortschritt und praktischer Umsetzbarkeit anstrebt. Während die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens unaufhaltsam voranschreitet, bleibt für Unternehmen und Steuerberatungskanzleien ein gewisser Gestaltungsspielraum in der Übergangsphase. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Einführung des digitalen Steuerbescheids nicht allein eine technische, sondern auch eine organisatorische Herausforderung ist, die entsprechende Vorbereitungszeit erfordert.
Aus praktischer Sicht können Unternehmen das Jahr 2026 nutzen, um ihre internen Abläufe konsequent auf die digitale Bekanntgabe vorzubereiten. Dazu gehören etwa die Einrichtung sicherer Kommunikationsschnittstellen, die Bereitstellung digitaler Posteingangssysteme und die Integration von Softwarelösungen, welche die Bescheide automatisiert verarbeiten. Steuerberaterinnen und Steuerberater können ihre Mandanten frühzeitig bei der Umstellung begleiten, um Friktionen bei der Umstellung zu vermeiden. Zudem lohnt sich die enge Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern, um technische Anbindungen an ELSTER oder vergleichbare Plattformen zu optimieren.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei dieser Umstellung. Mit Fokus auf die Prozessoptimierung in der Buchhaltung und die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen begleiten wir Betriebe unterschiedlicher Branchen dabei, erhebliche Kosten- und Zeitvorteile zu realisieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass die frühzeitige Digitalisierung der Abläufe nicht nur die steuerliche Kommunikation vereinfacht, sondern auch langfristig die Effizienz der gesamten Unternehmensorganisation stärkt.
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