Hintergrund zur Altersgrenze im Anwaltsnotariat
Mit Urteil vom 23. September 2025 (Az. 1 BvR 1796/23) hat das Bundesverfassungsgericht die gesetzliche Altersgrenze für Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotare als mit dem Grundgesetz unvereinbar eingestuft. Bislang sah die Bundesnotarordnung in § 47 Nr. 2 Variante 1 und § 48a vor, dass das Notaramt mit Erreichen des siebzigsten Lebensjahres erlischt. Betroffen waren sowohl hauptberufliche Notare als auch Anwaltsnotare. Die Beschwerde gegen diese Regelung richtete sich im konkreten Fall gegen die zwingende Beendigung des Amts ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit oder die berufliche Situation des einzelnen Anwaltsnotars.
Das Gericht sah hierin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz, der sowohl die wirtschaftliche Lebensgrundlage als auch die persönliche Entfaltung umfasst. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen nicht nur für den Notarstand, sondern auch für unternehmerische Strukturen, die in ihrer täglichen Praxis auf verlässliche notarielle Dienstleistungen angewiesen sind.
Kern der verfassungsrechtlichen Argumentation
Die Richterinnen und Richter stellten klar, dass die Altersgrenze zwar legitime Ziele verfolgt. Ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers war ursprünglich die Sicherstellung einer ausgewogenen Altersstruktur im Notariat und die Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege sowie der Schutz vor möglichen altersbedingten Leistungsmängeln. Zudem sollte die Altersgrenze eine gerechte Verteilung von Berufschancen zwischen den Generationen gewährleisten. Diese Ziele sind verfassungsrechtlich legitim und betreffen das öffentliche Interesse an einer funktionstüchtigen vorsorgenden Rechtspflege.
Allerdings kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Regelung im Anwaltsnotariat ihre ursprünglichen Zwecke nicht mehr in dem erforderlichen Maß erfüllt. Angesichts des seit Jahren bestehenden Bewerbermangels bei Anwaltsnotaren entfällt der Effekt, durch das Freiwerden von Positionen neue Bewerberinnen und Bewerber in das Amt zu bringen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist in seiner Intensität erheblich, da die Betroffenen keinerlei Gestaltungsmöglichkeit haben, um ihre Laufbahn selbstbestimmt fortzuführen.
Praktische Auswirkungen auf Rechtspflege und Markt
Von der Entscheidung sind vor allem die Oberlandesgerichtsbezirke betroffen, in denen der Bewerbermangel besonders deutlich ist. In vielen Regionen stehen nicht annähernd so viele qualifizierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für das Anwaltsnotariat zur Verfügung, wie freie Stellen ausgeschrieben sind. Für die Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Leistungen bedeutet dies, dass erfahrene und weiterhin leistungsfähige Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotare nunmehr länger tätig sein können, sofern der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft.
Für Unternehmen unterschiedlichster Branchen – vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum Krankenhaus, das regelmäßig notarielle Beglaubigungen für Grundstücksgeschäfte benötigt – verbessert die Entscheidung die Versorgungssicherheit. In Regionen mit dünner Bewerberlage reduziert sich das Risiko von Verzögerungen bei wichtigen Transaktionen, weil weniger Stellen unbesetzt bleiben.
Für Kanzleien, die sowohl anwaltlich als auch notariell arbeiten, eröffnen sich neue organisatorische Perspektiven. Gerade in mittelständischen Strukturen bedeutet die Möglichkeit einer verlängerten Ausübung des Notaramts eine höhere Planungssicherheit. Auch wirtschaftlich hat dies Gewicht, da die Einrichtung eines Anwaltsnotariats erhebliche Investitionen erfordert und die künstliche Begrenzung auf wenige Jahre eine kalkulatorische Unsicherheit darstellte.
Handlungspflichten und Ausblick für Unternehmen und Berufsträger
Das Bundesverfassungsgericht hat die Fortgeltung der bisherigen Regelung bis zum 30. Juni 2026 angeordnet. Damit erhalten sowohl der Gesetzgeber als auch die Landesjustizverwaltungen Zeit, eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Die Entscheidung eröffnet dem Gesetzgeber Spielräume für differenziertere Regeln, die stärker an der individuellen Leistungsfähigkeit und an den praktischen Bedürfnissen orientiert sind.
Für die Praxis bedeutet dies eine Übergangsphase, in der Unternehmen weiterhin davon ausgehen können, dauerhaft betreut zu werden. Mittelständische Unternehmen, Pflegeeinrichtungen, Bauträger und Onlinehändler, die auf die notarielle Tätigkeit angewiesen sind, sollten diese Entwicklung in ihrer Vertragsplanung berücksichtigen. Auch für Anwaltsnotare selbst empfiehlt es sich, bereits jetzt Szenarien für eine längere Berufsausübung einzuplanen.
Die Entscheidung zeigt zudem beispielhaft, wie sich rechtliche Rahmenbedingungen dynamisch den gesellschaftlichen und demografischen Realitäten anpassen. Für alle Marktteilnehmer bedeutet dies eine erhöhte Bedeutung von Flexibilität und ein waches Auge für regulatorische Veränderungen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die mit knappen Ressourcen arbeiten, sollten diese Entwicklungen eng begleiten und gegebenenfalls fachkundige Beratung einholen.
Fazit und Beratungsbedarf für den Mittelstand
Die Aufhebung der starren Altersgrenze stärkt die Berufsfreiheit und erhöht zugleich die Versorgungssicherheit mit notariellen Dienstleistungen. Unternehmen profitieren von der größeren Planbarkeit, auch wenn noch unklar ist, wie der Gesetzgeber die Neuregelung ausgestalten wird. Gerade in einem Umfeld, in dem Fachkräftemangel längst nicht mehr nur die klassischen Wirtschaftsbranchen, sondern auch die vorsorgende Rechtspflege betrifft, ist die Entscheidung richtungsweisend.
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die in besonderem Maße von klaren Prozessen und zuverlässigen rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig sind, unterstreicht diese Entwicklung die Notwendigkeit, interne Abläufe effizient und flexibel zu gestalten. Unsere Kanzlei begleitet Unternehmen dabei seit Jahren erfolgreich. Wir haben uns auf die Prozessoptimierung in der Buchhaltung und die Digitalisierung spezialisiert, wodurch unsere Mandanten – vom Kleinunternehmen bis zum Mittelständler – erhebliche Kostenersparnisse und nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen.
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