Rechtlicher Rahmen der täglichen Höchstarbeitszeit
Das deutsche Arbeitszeitgesetz regelt die Dauer der zulässigen täglichen Arbeitszeit. Es sieht grundsätzlich einen Acht-Stunden-Tag vor, der jedoch in Ausnahmefällen auf bis zu zehn Stunden verlängert werden darf, wenn innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums ein entsprechender Ausgleich erfolgt. Diese Regelung dient dem Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, indem sie sowohl Gesundheit als auch Sicherheit am Arbeitsplatz stärkt. Darüber hinaus enthält das Gesetz zahlreiche branchenspezifische Ausnahmen, die durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Genehmigungen konkretisiert werden können.
Aktuell wird von politischer Seite erwogen, die tägliche Begrenzung der Arbeitszeit zugunsten einer rein wöchentlichen Höchstgrenze aufzuheben. Dies hätte zur Folge, dass sehr lange Arbeitstage von mehr als zehn, im Extremfall mehr als zwölf Stunden möglich wären, solange innerhalb der Arbeitswoche ein rechnerischer Durchschnitt von acht Stunden pro Tag eingehalten wird.
Gesundheitliche und organisatorische Risiken für Unternehmen
Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung unterstreicht die erheblichen Risiken, die mit der Verlängerung täglicher Arbeitszeiten verbunden sind. Nahezu drei Viertel aller befragten Beschäftigten vermuten, dass längere Arbeitstage ihre Fähigkeit, sich ausreichend zu erholen, deutlich verschlechtern würden. Belastungen auf psychischer Ebene wie Stress, Erschöpfung oder Burnout treten langfristig häufiger auf. Ergänzend steigt bei Überschreiten der täglichen Acht-Stunden-Schwelle das Unfallrisiko exponentiell an, was nicht nur gesundheitliche, sondern auch versicherungsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.
Besonders für Branchen wie Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser, in denen bereits heute hohe physische und psychische Belastungen bestehen, könnte die Abschaffung der täglichen Begrenzung enorme Risiken bergen. Auch im produzierenden Gewerbe oder bei Onlinehändlern, die mit saisonalen Spitzenzeiten konfrontiert sind, wäre die Gefahr erhöht, dass Überlastung und Ausfallzeiten zunehmen. Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entstehen dadurch mittel- und langfristig höhere Kosten, die die erhoffte Flexibilität rasch relativieren.
Auswirkungen auf Work-Life-Balance und Geschlechtergerechtigkeit
Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist die Annahme, dass sehr lange Arbeitstage die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erheblich erschweren. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass private Verpflichtungen wie Kinderbetreuung oder Haushalt darunter leiden würden. Die Studie zeigt zudem, dass Frauen von derartigen Verschlechterungen noch stärker betroffen sind als Männer, da sie bereits heute überdurchschnittlich mehr unbezahlte Sorgearbeit leisten. In Partnerschaften würde eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeiten daher tendenziell zulasten der Frauen wirken.
Für Unternehmen bedeutet diese Entwicklung, dass vor allem Fachkräfte mit familiären Verpflichtungen weniger flexibel einsetzbar sein könnten. Gerade im Mittelstand, der auf motivierte und verlässliche Arbeitskräfte angewiesen ist, könnte dies langfristig die Mitarbeiterbindung erschweren. Zudem besteht die Gefahr, dass sich Erwerbsbiografien von Frauen nachteilig verändern, was nicht nur soziale, sondern auch arbeitsmarktpolitische Konsequenzen hat.
Handlungsoptionen für Unternehmen und Fazit
Die Diskussion um die Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit verdeutlicht die Notwendigkeit, zwischen dem berechtigten Interesse an Flexibilität und den gesetzlichen sowie gesundheitlichen Schutzvorgaben zu differenzieren. Bereits das derzeitige Arbeitszeitgesetz eröffnet mit der Zehn-Stunden-Regelung, den zahlreichen Ausnahmen und der Möglichkeit fragmentierter Arbeitstage ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können diese Rahmenbedingungen nutzen, um individuelle Modelle der Arbeitszeitorganisation zu entwickeln, ohne dabei die gesundheitlichen Risiken überlanger Arbeitstage zu verstärken.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen auch künftig sorgfältig abwägen sollten, welche Lösung langfristig die größte Nachhaltigkeit bietet. Häufig erweist sich eine auf Arbeitszeitkonten basierende flexible Gestaltung als zweckmäßiger, da sie die gesetzlichen Vorgaben beachtet, gleichzeitig aber Spielräume für außergewöhnliche Belastungssituationen erlaubt. Auch digitale Systeme zur Zeiterfassung bieten sich an, um sowohl die Einhaltung der Ruhezeiten als auch die Dokumentationspflichten effizient zu erfüllen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass nicht allein die politische Deregulierung entscheidend sein wird, sondern die Art und Weise, wie Unternehmen mit bestehenden und künftigen Regelungen umgehen. Zielführend sind Betriebe immer dann, wenn sie frühzeitig Konzepte zur Balance von Flexibilität und Fürsorge entwickeln. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von einer vorausschauenden Arbeitszeitorganisation, die Ausfälle vermeidet, Fachkräfte bindet und die Digitalisierung der Prozesse in der Personalverwaltung fördert. Als Kanzlei begleiten wir unsere Mandanten dabei, Arbeits- und Buchhaltungsprozesse effizienter und digitaler zu gestalten, sodass sich sowohl gesundheitliche als auch wirtschaftliche Vorteile langfristig aktiv nutzen lassen.
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