Viele Arbeitgeber und Beschäftigte verbinden mit der betrieblichen Altersversorgung die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers, bei einer Entgeltumwandlung nach § 1a Betriebsrentengesetz einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent weiterzugeben. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 26. August 2025 (Aktenzeichen 3 AZR 31/25) jedoch verdeutlicht, dass diese gesetzliche Zuschusspflicht durch tarifvertragliche Regelungen ausgeschlossen werden kann. Gerade für Unternehmen unterschiedlicher Größe – vom kleinen Onlinehändler bis zur Pflegeeinrichtung – ist es entscheidend, die Bedeutung solcher tariflichen Besonderheiten genau zu verstehen.
Rechtlicher Rahmen der Entgeltumwandlung und Tariföffnung
Das Betriebsrentengesetz gewährt Beschäftigten grundsätzlich einen Anspruch, Teile ihres Entgelts für eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds zu verwenden. Seit 2019 wird dieser Anspruch ergänzt durch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Zuschuss in Höhe der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge, mindestens jedoch 15 Prozent des gewandelten Entgelts, hinzuzugeben. Allerdings eröffnet § 19 Betriebsrentengesetz die Möglichkeit, dass Tarifverträge von diesen gesetzlichen Regelungen abweichen können. Eine solche Abweichung ist nach der Rechtsprechung nicht nur zulässig, sondern auch in älteren Tarifverträgen wirksam, selbst wenn sie vor Einführung der Zuschusspflicht abgeschlossen wurden.
Auslegung und Begründung des Bundesarbeitsgerichts
Im konkreten Fall stützte sich der Arbeitgeber auf einen Tarifvertrag, der detailliert die Entgeltumwandlung regelte, jedoch keinen Arbeitgeberzuschuss vorsah. Die Klägerin machte geltend, dass das Fehlen eines Zuschusses keine ausreichende Abweichung von der gesetzlichen Regelung sei. Das Bundesarbeitsgericht stellte jedoch klar, dass eine eigenständige tarifvertragliche Regelung zur Entgeltumwandlung stets als abschließend zu verstehen ist. Entscheidend sei, dass eine Tarifnorm den Anspruch inhaltlich ausgestaltet und damit bewusst eine andere Lastenverteilung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorsieht. Die Richter führten aus, dass es keiner ausdrücklichen Negativregelung bedarf; maßgeblich sei, dass der Tarifvertrag ein vollständiges System zur Entgeltumwandlung bereitstellt. Somit bleibt für den gesetzlichen Zuschuss nach § 1a Absatz 1a Betriebsrentengesetz kein Raum.
Bedeutung für Unternehmen und deren Personalpraxis
Für viele kleine und mittelständische Unternehmen, die tarifgebunden sind, bedeutet die Entscheidung eine erhebliche Klarstellung. Arbeitgeber sind in solchen Fällen nicht verpflichtet, zusätzlich zu den vereinbarten Entgeltumwandlungsbeträgen einen Zuschuss zu leisten. Dies kann eine erhebliche finanzielle Entlastung darstellen, insbesondere in Branchen mit hohen Personalkosten wie im Gesundheitswesen oder im Handel. Für nicht tarifgebundene Unternehmen bleibt die gesetzliche Zuschusspflicht uneingeschränkt bestehen. Es wird daher für Unternehmerinnen und Unternehmer künftig noch wichtiger, sorgfältig zu prüfen, ob ein Tarifvertrag einschlägig ist und welche Inhalte er zur betrieblichen Altersversorgung enthält. Gerade Steuerberatende, die kleine Betriebe betreuen, sollten ihre Mandanten aktiv auf diesen Unterschied hinweisen, um mögliche Rückstellungen oder Nachforderungen zu vermeiden. Finanzinstitutionen, die Direktversicherungen oder Pensionskassenlösungen anbieten, müssen dieses Urteil ebenfalls berücksichtigen, da es Auswirkungen darauf hat, wie Verträge kalkuliert und in der Beratung dargestellt werden.
Pflegeeinrichtungen, die im Hinblick auf Demografie und Fachkräftemangel verstärkt auf attraktive Zusatzleistungen setzen, müssen sich darüber hinaus bewusst machen, dass sie bei bestehender Tarifbindung nicht zwingend mit einem Zuschuss werben können. Dies kann die Verhandlungspraxis mit Gewerkschaften verändern und neue Impulse für die Gestaltung von Tarifverträgen liefern. Onlinehändler und mittelständische Produktionsbetriebe wiederum profitieren von der Rechtssicherheit, dass in einem entsprechenden Tarifgefüge keine versteckten Mehrkosten für Zuschüsse zur Entgeltumwandlung entstehen.
Fazit und Handlungsempfehlung für Arbeitgeber
Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts unterstreicht die große Bedeutung von tarifvertraglichen Regelungen für die betriebliche Altersversorgung. Arbeitgeber, die Mitglied eines Arbeitgeberverbands sind oder an Branchentarifverträge gebunden sind, sollten ihre internen Prozesse genau prüfen und darauf achten, dass Beratungsgespräche mit Beschäftigten im Einklang mit den tarifvertraglichen Bestimmungen stattfinden. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mag dies im Einzelfall eine Belastung sein, da sie auf den Zusatzbeitrag verzichten müssen. Gleichwohl schafft die Entscheidung Rechtsklarheit und Planungssicherheit für Unternehmen. Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen bei solchen Fragen umfassend, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Digitalisierung und Prozessoptimierung in der Buchhaltung. Dadurch lassen sich nicht nur Rechtsrisiken vermeiden, sondern auch erhebliche Kosten einsparen – ein entscheidender Vorteil für Unternehmen aller Größen, vom kleinem Betrieb bis hin zum etablierten Mittelständler.
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