Hintergrund der aktuellen Anpassungen im Anwendungserlass
Mit dem aktuellen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 1. September 2025 wurden die Regelungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung in zentralen Bereichen geändert. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung dient Behörden, Unternehmen und Beratern als Auslegungshilfe bei der praktischen Anwendung der gesetzlichen Vorgaben der Abgabenordnung. Besondere Bedeutung haben hierbei die Paragraphen 146, 146a, 147 und 147a, welche die Ordnungsvorschriften für die Buchführung und Aufbewahrung steuerlich relevanter Unterlagen sowie den Umgang mit elektronischen Aufzeichnungssystemen regeln.
Die nun erfolgten Änderungen haben unmittelbare Folgen für Unternehmen, insbesondere für solche, die mit elektronischen Kassensystemen arbeiten oder große Datenbestände revisionssicher aufbewahren müssen. Für kleine und mittlere Unternehmen, aber auch für spezialisierte Einrichtungen wie Einzelhändler, Gastronomiebetriebe oder Pflegeeinrichtungen, ergibt sich daraus die Notwendigkeit, ihre Systeme erneut zu überprüfen und gegebenenfalls nachzujustieren.
Wesentliche Änderungen in den betroffenen Paragraphen
Im Zentrum der Anpassungen stehen die Verweise auf unterschiedliche BMF-Schreiben, die im Zuge der fortschreitenden technikbezogenen Regelungen aktualisiert wurden. Besonders relevant ist, dass künftig bei einem Ausfall der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, die nach der Kassensicherungsverordnung für elektronische Aufzeichnungssysteme vorgeschrieben ist, verbindlich auf andere Vorschriften innerhalb des Anwendungserlasses verwiesen wird. Damit wird klargestellt, welche Verfahrensweise in technischen Notfallsituationen anzuwenden ist. Dies stellt eine praxisorientierte Konkretisierung dar, die insbesondere für kleine Händlerinnen und Händler Sicherheit in der Dokumentation schafft.
Darüber hinaus unterstützten die Änderungen den rechtssicheren Einsatz elektronischer Systeme in der Kassenführung. Die Regelungen zu § 146 Abgabenordnung betonen noch einmal die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Buchführung. Hierunter versteht man die systematische, nachvollziehbare und lückenlose Erfassung von Geschäftsvorfällen. Unternehmen, die in diesem Bereich Schwächen aufweisen, laufen Gefahr, dass Finanzämter Zuschätzungen vornehmen, was erhebliche finanzielle Nachteile zur Folge haben kann.
Die Änderungen zu § 147 Abgabenordnung, der die Aufbewahrungspflichten behandelt, machen erneut deutlich, dass digitale Belege und Unterlagen denselben strengen Anforderungen unterliegen wie konventionell geführte Unterlagen. Die Anforderungen an eine maschinelle Auswertbarkeit bleiben bestehen, was vor allem im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für Unternehmen wichtig ist. Hier rückt die Frage nach einer geeigneten Archivierungstechnologie erneut in den Vordergrund.
Praktische Auswirkungen auf Unternehmen
Für die unternehmerische Praxis sind die Änderungen vor allem in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Erstens verdeutlichen sie, dass die Rolle der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung weiter gestärkt wird und damit Ausfälle oder Fehlfunktionen im Kassenbereich streng dokumentiert und nachvollziehbar gehandhabt werden müssen. Ein Betrieb, der nicht klar nachweisen kann, wie er im Falle eines Ausfalls reagiert hat, geht ein hohes steuerliches Risiko ein.
Zweitens wird erneut unterstrichen, dass die digitale Transformation innerhalb der Buchhaltung längst nicht mehr als freiwilliger Modernisierungsschritt betrachtet werden kann, sondern als Pflicht zur nachhaltigen Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Ob Datenaufbewahrung, Kassenführung oder interne Verfahrensanweisungen – jedes Unternehmen muss seine Prozesse so gestalten, dass sie jederzeit einer steuerlichen Prüfung standhalten.
Besonders für Onlinehändler und stationäre Handelsunternehmen bedeutet dies, dass sowohl im Tagesgeschäft als auch in der langfristigen Dokumentationspflicht eine hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit entscheidend ist. In Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, die zunehmend digitale Systeme nutzen, stellt sich dieselbe Anforderung. Auch hier ist sicherzustellen, dass elektronische Systeme ordnungsgemäß abgesichert sind, damit laufende Prozesse revisionssicher abgebildet werden können.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung verdeutlichen einmal mehr, wie eng steuerrechtliche Anforderungen mit der technischen Entwicklung verknüpft sind. Unternehmen aller Größenordnungen müssen sicherstellen, dass ihre Systeme den Anforderungen der Finanzverwaltung entsprechen und dass im Falle von technischen Störungen klar geregelte Prozesse existieren. Damit lassen sich sowohl finanzielle Risiken minimieren als auch potenzielle Konflikte mit der Finanzverwaltung vermeiden.
Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Vorgaben ist daher für kleine Unternehmen ebenso wichtig wie für mittelständische Betriebe. Entscheidend wird sein, inwieweit Geschäftsprozesse im Bereich Buchhaltung und Archivierung digitalisiert und standardisiert werden. Wir unterstützen unsere Mandantinnen und Mandanten dabei mit umfassender Erfahrung in der Prozessoptimierung und der Digitalisierung der Buchhaltung. Der Fokus liegt dabei stets auf nachhaltigen Lösungen, die nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch spürbare Kostenersparnisse ermöglichen – und das sowohl für kleine als auch für mittelständische Unternehmen.
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